So berechnen (und prognostizieren) Sie den Erwartungswert

Der Erwartungswert drückt Ungewissheit als eine einzelne nach Wahrscheinlichkeit gewichtete Zahl aus. Machen Sie sich mit der Formel vertraut, sehen Sie sich gewinnorientierte Beispiele an und erfahren Sie, wie KI-Plattformen diese Prognosen kontinuierlich optimieren.

Arbeitskollegen am Tisch studieren ein Dokument

Geschäftliche Entscheidungen sind oft mit Unwägbarkeiten verbunden: schwankende Marktnachfrage, ungewisse Projektergebnisse und unvorhersehbare betriebliche Risiken. Bei der Abwägung verschiedener Szenarien mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten benötigen Führungskräfte eine zuverlässige Methode, um Optionen zu vergleichen und Ressourcen sinnvoll zuzuteilen.

Der Erwartungswert (Expected Value, EV) liefert eine Lösung, indem er sämtliche möglichen Ergebnisse nach Wahrscheinlichkeit gewichtet und in einer einzigen, leicht verständlichen Zahl ausdrückt. Er kommt in sämtlichen Geschäftsbereichen zum Einsatz: Finanzabteilungen bewerten damit Renditen, Manager optimieren ihre Bestandsverwaltung und Marketing-Experten erstellen Prognosen zur Performance ihrer Kampagnen.

In jedem Fall bietet der EV eine gemeinsame Basis für eine funktionsübergreifende Ausrichtung und einheitliche Entscheidungen. In der heutigen dynamischen Geschäftswelt ist permanenter Wandel die Regel und fast 90 % der Unternehmen schieben wichtige strategische Entscheidungen aufgrund von Unsicherheiten auf. In dieser Welt ist der EV eine verlässliche Methode, um zukunftsorientierte Prognosen zu entwickeln und entschlossen zu handeln.

Der Erwartungswert bezeichnet den Durchschnittswert, den man erhält, wenn ein Vorgang häufig wiederholt wird.

Berechnungsformel und -schritte für den Erwartungswert

Der Erwartungswert – auch Mittelwert, Erwartung oder erstes Moment genannt – stellt den langfristigen Durchschnitt einer Zufallsvariablen dar. Bei der Berechnung wird nach dem Ergebnis gesucht, das sich im Mittel ergeben würde, wenn ein Prozess unendlich oft wiederholt wird. Gemäß dem Gesetz der großen Zahlen nähert sich der Mittelwert der Variablen seinem Erwartungswert, wenn die Anzahl der Wiederholungen gegen unendlich strebt. 

In der Wirtschaftswelt kann sich die Berechnung des EV als sehr komplex erweisen. Im Gegensatz zur einfachen Wahrscheinlichkeitsrechnung – wie beim Würfeln – bei der jedes Ergebnis gleich wahrscheinlich ist, werden Geschäftsplanungsszenarien von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wodurch manche Szenarien wahrscheinlicher werden als andere.

Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, ist bei der Berechnung sehr viel Sorgfalt erforderlich. Das Verfahren selbst ist jedoch denkbar einfach. Zur Berechnung des EV:

  1. Führen Sie jedes mögliche Ergebnis und seine Eintrittswahrscheinlichkeit auf.
  2. Multiplizieren Sie jedes Ergebnis mit seiner Eintrittswahrscheinlichkeit.
  3. Addieren Sie diese Werte, um den erwarteten Durchschnittswert nach häufigen Wiederholungen zu ermitteln.
  4. Überprüfen Sie, ob die Summe der Wahrscheinlichkeiten aller möglichen Ergebnisse 1 beträgt.

Dieser Ansatz eignet sich hervorragend für alle Szenarien, in denen Sie verschiedenen Ergebnissen Wahrscheinlichkeiten zuordnen möchten – von der Umsatzprognose über die Kalkulation täglicher Verkaufszahlen bis zur Vorhersage der Fluktuation von Neueinstellungen. Obwohl Sie diesen genauen Mittelwert in einem einzelnen Versuch kaum erzielen werden, bietet Ihnen ein berechneter EV eine wertvolle Orientierung für Ihre langfristige Planung.

Formel für den Erwartungswert

Die Formel für den Erwartungswert lautet:

EV = ∑ P(Xi) x Xi

wobei:

  • X eine Zufallsvariable ist
  • Xi spezifische Werte von X sind
  • P(Xi) die Eintrittswahrscheinlichkeit von Xi ist
  • Zur Berechnung des Erwartungswertes von X werden alle möglichen Werte der Zufallsvariablen mit ihrer jeweiligen Wahrscheinlichkeit multipliziert und diese Produkte anschließend summiert.

Beispiele für Berechnungen des Erwartungswerts

Im Geschäftsalltag verlaufen Entscheidungsprozesse selten linear und aufgrund wechselnder Faktoren sind mehrere Ergebnisse möglich. Um genau zu verstehen, wie der Erwartungswert Klarheit schafft, lohnt es sich, verschiedene Anwendungsbereiche im Unternehmen zu untersuchen, in denen er zum Einsatz kommt.

Beispiel einer Inventarbestellung

Ein Manager muss ermitteln, welche Bestellmenge bei variabler täglicher Nachfrage optimal ist. Es sind folgende Ergebnisse der Nachfrageanalyse mit zugehörigen Wahrscheinlichkeiten, Umsätzen und Kosten möglich:

Berechnung des Gewinnerwartungswerts bei einer Bestellung von 200 Einheiten:

         1. Multiplizieren Sie jeden Nettoumsatz mit seiner Wahrscheinlichkeit:

                 º 800 $ × 0,50 = 400 $

                 º 2.000 $ × 0,50 = 1.000 $

        2. Summe: 400 $ + 1.000 $ = 1.400 $

Bei einem Lagerbestand von 200 Einheiten wird im Mittel ein Tagesgewinn von 1.400 US-Dollar erzielt. Der Manager kann diesen Vorgang mit verschiedenen Bestellmengen (wie 100 oder 150 Einheiten) mehrfach kalkulieren, um festzustellen, welche Bestellmenge die höchste erwartete Rentabilität erzielt.

Projektbeispiel zur ROI-Berechnung

Eine Finanzabteilung evaluiert ein neues Projekt mit drei möglichen Ergebnisszenarien, von denen jedes eine andere Eintrittswahrscheinlichkeit aufweist (basierend auf historischen Unternehmensdaten).

Der EV für den ROI würde wie folgt berechnet:

  • Verlustszenario: (-50.000 $ × 0,30) = -15.000 $
  • Break-even-Szenario: (0 $ × 0,50) = 0 $
  • Gewinnszenario: (100.000 $ × 0,20) = 20.000 $
  • Summe: -15,000 $ + 0 $ + 20,000 $ = 5.000 $.

Ein EV von 5.000 $ bedeutet, dass dieses Projekt im Mittel einen Gewinn von 5.000 $ generiert. Der Vergleich dieses EV mit der erforderlichen Hurdle-Rate oder alternativen Investitionen unterstützt die Finanzabteilung bei ihren Entscheidungen.

Beispiel für eine Einstellungsentscheidung

Um die voraussichtlichen Auswirkungen einer Neubesetzung versus einer Aufgabenumverteilung zu ermitteln, können HR-Abteilungen anhand historischer Belegschaftsdaten Wahrscheinlichkeiten für unterschiedliche Performance-Level ableiten:

Zur Berechnung des EV empfiehlt sich folgende Methode:

        1. Multiplizieren Sie jeden Performance-Wert mit seiner Wahrscheinlichkeit:

                           º 80.000 $ × 0,20 = 16.000 $

                            º 50.000 $ × 0,50 = 25.000 $

                            º 20.000 $ × 0,30 = 6.000 $                 

        2. Summe: 16.000 $ + 25.000 $ + 6.000 $ = 47.000 $

Ein EV von 47.000 $ stellt den Durchschnittswert dar, den diese Neueinstellung einbringen wird. Die Personalabteilung kann diesen EV mit den Einstellungskosten (z. B. Gehalt, Zusatzleistungen, Weiterbildung) vergleichen, um festzustellen, ob der erwartete Ertrag der Stelle die Investition rechtfertigt.

Durch Prognosen des Erwartungswerts kann das Team vorhersehen, wie sich zukünftige Risiken, Marktkräfte und veränderte Bedingungen auf das Unternehmen auswirken werden.

Prognose des Erwartungswerts im Lauf der Zeit

Die Prognose des Erwartungswerts projiziert Ihren nach Wahrscheinlichkeit gewichteten Durchschnitt in zukünftige Zeiträume und zeigt, wie sich Risiken, Marktdynamiken und Geschäftsbedingungen mit der Zeit verändern und auf das Unternehmen auswirken können. Im Gegensatz zu einer einmaligen Berechnung der aktuellen Datenlage bezieht die EV-Prognose antizipierte Veränderungen bei Nachfrage, Kosten und anderen Faktoren mit ein und ermöglicht so eine präzise Zukunftsprognose.

Während die statische EV-Berechnung mit unveränderlichen Wahrscheinlichkeiten und Ergebnissen arbeitet, um einen einzelnen Durchschnittswert zu berechnen, aktualisiert die Prognose diese Eingabedaten kontinuierlich für den nächsten Zeitraum. Sie fragt: „Wie verändern sich diese Wahrscheinlichkeiten und der Wert im Verlauf des nächsten Quartals oder Jahres?“ 

Indem Unternehmen aktuelle Gegebenheiten von erwarteten Zukunftsszenarien klar abgrenzen, stellen sie sicher, dass ihre Planungs- und Budgetprozesse neuen Trends und Bedingungen entsprechen und nicht auf überholte Annahmen zurückgreifen. Zu den gängigen Prognosemethoden zählen:

  • Zeitreihenanalyse: Untersucht historische Muster – Saisonalität, Trends und Zyklen –, um Wahrscheinlichkeitsverteilungen für zukünftige Ergebnisse zu schätzen und in die EV-Berechnung zu integrieren.
  • Szenario-Analyse: Entwickelt eine begrenzte Anzahl unterschiedlicher Zukunftsszenarien (z. B. optimistisch, neutral, pessimistisch), kalkuliert den Erwartungswert pro Szenario und führt diese anhand von Eintrittswahrscheinlichkeiten zusammen.
  • Regressionsbasierte Prognose: Verwendet statistische Modelle zur Vorhersage künftiger Werte auf der Grundlage wichtiger Prädiktoren (z. B. Umsatz im Vergleich zu den Ausgaben für Werbung), wandelt die Vorhersagen in Wahrscheinlichkeitsverteilungen um und berechnet den EV entsprechend.

Wenn Unternehmen klar zwischen Prognosen und Einzelberechnungen unterscheiden und geeignete Methoden anwenden, erhalten sie EV-Modelle, die dynamisch auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren. Dieser dynamische Ansatz stellt sicher, dass Entscheidungen auf relevanten und aktuellen Erwartungen basieren, statt auf statischen, überholten Zahlen.

Plattformvorteile für EV-Berechnung und -Prognose

Mit Plattformen für prädiktive Analysen lassen sich der Erwartungswert und andere wichtige Unternehmenskennzahlen berechnen – mit den deutlichen Vorteilen, die Automatisierung, intelligente Analysen und Echtzeit-Einblicke bieten. Diese Kompetenzen werden schnell zum Standard für jedes Unternehmen werden, das im Wettbewerb bestehen will. Laut Gartner werden 90 % der deskriptiven und diagnostischen Analysen innerhalb der nächsten zwei Jahre automatisiert sein.

Eine cloudbasierte Planungsplattform verschafft den Datenteams wesentliche Vorteile, wie zum Beispiel:

  • Automatisierte Updates der Wahrscheinlichkeiten: Plattformen integrieren Daten aus verschiedenen Quellen (Vertrieb, Finanzen, Operations) und aktualisieren Wahrscheinlichkeitsverteilungen automatisch bei Eingang neuer Informationen, was manuelle Anpassungen überflüssig macht.
  • Zentrale Datenablage: Die Speicherung historischer und Echtzeit-Daten an einem zentralen Standort sichert die Konsistenz aller EV-Modelle und beugt Versionskontrollfehlern vor, die bei Spreadsheets häufig auftreten.
  • KI-gesteuerte Szenarien: Innovative Lösungen setzen auf Machine Learning zur Mustererkennung und Entwicklung von Vorhersageszenarien, die genauere Prognosen zukünftiger Ergebnisse ermöglichen als herkömmliche manuelle Verfahren.
  • Neuberechnung in Echtzeit: Sobald sich relevante Kennzahlen verändern – sei es durch Nachfrageschwankungen oder Kostenstrukturänderungen – führen die Plattformen eine sofortige EV-Neuberechnung durch und halten Prognosen stets aktuell, ohne dass manuelle Eingriffe erforderlich sind.
  • Integrierte Visualisierung: Mit Dashboards und interaktiven Diagrammen können die jeweiligen Akteure EV-Modelle analysieren, Szenarien effizient vergleichen und sofort erkennen, wie sich veränderte Eingabewerte auf die erwarteten Ergebnisse auswirken.

Durch den Einsatz dieser Funktionen können Organisationen den EV von einer einmaligen Berechnung in einen kontinuierlichen und dynamischen Prozess umwandeln, der zeitnahe, datengesteuerte Entscheidungen unterstützt.

Laut Gartner werden in den kommenden zwei Jahren 90 % der diagnostischen und deskriptiven Analysen vollständig automatisiert sein.

Wichtige Punkte und nächste Schritte

Bei jeder Entscheidung müssen mehrere Ergebnisse gegen ihre Wahrscheinlichkeiten abgewogen werden und der Erwartungswert bietet eine klare Möglichkeit, diesen Abwägungsprozess zu quantifizieren. Durch die Berechnung des EV erhalten Sie eine Momentaufnahme der aktuellen Wahrscheinlichkeiten. Durch die Prognose des EV passen Sie diese Eingaben an, um aufkommende Trends und neue Daten miteinzubeziehen. Die Kombination beider Ansätze stellt sicher, dass Entscheidungen nicht aufgrund überholter Annahmen oder rein intuitiv getroffen werden.

Cloudbasierte Lösungen für Plattformen machen aus der Berechnung des Erwartungswerts einen kontinuierlichen realen Prozess – statt eine statische Momentaufnahme. Moderne Daten-Pipelines versorgen Wahrscheinlichkeitsmodelle kontinuierlich mit frischen Daten, intelligente KI-Szenario-Engines fördern verborgene Muster zutage und interaktive Dashboards verwandeln komplexe Berechnungen in intuitiv verständliche Einblicke. Das Ergebnis ist eine kontinuierliche Echtzeit-EV-Analyse, die schnelle Anpassungen an sich verändernde Bedingungen ermöglicht.

In der Praxis hilft die Ermittlung des Erwartungswerts Teams dabei, datenbasierte Entscheidungen mit realistischen Ergebnisperspektiven zu treffen. Gleichzeitig fungiert sie als Motivationsfaktor zur Steigerung des potenziellen ROI einer Investition oder Initiative. Im Wesentlichen sorgt das „Power of One"-Prinzip für die nötige Transparenz, damit die Teams auch in dynamischen Umgebungen mit Zuversicht agieren können.

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