Quiet Quitting ist ein globales Problem
Der Begriff Quiet Quitting und der damit verbundene Hype erwecken den Eindruck, als würde es sich um eine neue Entwicklung handeln. Dabei sind die Probleme rund um mangelndes Engagement, Burnout und Arbeitsunzufriedenheit nicht erst seit gestern aktuell und zudem weit verbreitet. Wenn man Quiet Quitting vorschnell als neuen Trend abtut, riskiert man nicht nur, dass sich das Engagement weiter verringert, sondern übersieht auch die wahren Gründe, warum sich Menschen von ihrer Rolle und ihren Aufgaben zurückziehen. Hier sind drei Beispiele für ähnliche Phänomene und Begriffe weltweit.
„Involution“ und „Lying Flat“
Seit 2020 sind die Trends „Involution“ und „Lying Flat“ besonders in China allgegenwärtig. Involution ist das Gegenteil von Evolution und bezeichnet einen gewollten Stillstand, der im krassen Gegensatz zur „996-Kultur“ (sechs Tage die Woche von 9 bis 21 Uhr arbeiten) steht. Ebenso ist das Lying Flat, also das Liegenbleiben, eine ziemlich wörtlich formulierte Absage an dieselbe Kultur der Betriebsamkeit. Für jüngere Generationen, von denen erwartet wird, dass sie ununterbrochen arbeiten, scheint Stillstand erstrebenswerter zu sein.
„Dienst nach Vorschrift“
Der Ausdruck „Dienst nach Vorschrift“ kommt aus der Verwaltung und steht dort für eine Art des Streiks – ohne wirklich zu streiken, denn das durfte und darf man beispielsweise als Beamter nicht. „Dienst nach Vorschrift“ zu machen, ist eine Form des Widerstands und bedeutet, dass sich mehrere Menschen zusammentun und wirklich ganz penibel nur das erledigen, was in ihren Stellenbeschreibungen steht. Kurze Dienstwege, beschleunigte Prozesse, effizientes Arbeiten – das findet ganz absichtlich nicht statt. Diese Form des Arbeitens soll die Produktivität senken und dabei auf unfaire Arbeitsbedingungen hinweisen. Der „Dienst nach Vorschrift“ heißt auch „Bummelstreik“.
„Coasting“
Wie Involution ist „Coasting“ ein weiteres aktuelles Beispiel für Menschen, die mit einem Mangel an beruflicher Erfüllung kämpfen. Im Jahr 2018 ergab eine Studie unter 3.000 britischen Beschäftigten, dass 36 Prozent von ihnen das Gefühl hatten, „im Leerlauf zu sein“. Obwohl der Begriff Coasting in seiner Bedeutung weniger schwerwiegend ist als Quiet Quitting, definiert die Studie beides gleich: „sich gerade so viel Mühe geben, dass man am Ende des Tages nach Hause gehen kann“. Die Untersuchung unterstreicht, dass es den Befragten nicht an Ehrgeiz, sondern an Zielstrebigkeit mangelt.
Quiet Quitting – was Sie jetzt tun können
Maren Hoffmann, Redakteurin im Ressort Job und Karriere für das manager magazin und den Spiegel, hat erst kürzlich in einem Zwischenruf versucht deutlich zu machen, dass es bei Quiet Quitting um viel mehr als unzufriedene Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen geht, die aus Frust absichtlich ihrem Unternehmen schaden wollen. Ganz im Gegenteil wolle der neue/alte Trend Grenzen ziehen und dazu aufrufen, auf sich selbst zu achten – zumindest aus der Sicht von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen.
Wenn Begriffe wie Quiet Quitting viral gehen, besteht die Gefahr, dass der Rummel darum die Chance für differenzierte Gespräche zunichtemacht. Es geht eben nicht darum, die Beschäftigten zu mehr Produktivität zu zwingen. Ganz im Gegenteil macht Quiet Quitting etwas deutlich, was irgendwie ja schon immer gestimmt hat: Wer als Führungskraft aktiv zuhört, versteht, was im eigenen Team vorgeht, kann darauf eingehen und versuchen, das Engagement neu zu entfachen. Wir haben hier 3 Tipps zusammengestellt, wie Sie Quiet Quitting begegnen können.
1. Fokus auf Leistung, nicht auf Zeit
Quiet Quitting basiert auf der Prämisse, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ihre vertraglich festgesetzten Stunden abarbeiten und dann Feierabend machen. Ohne Wenn und Aber. Mit Quiet Quitting lehnen sie sich gegen toxische Arbeitskulturen auf, die Stunden als Produktivitätsindikator nutzen und unbezahlte Überstunden als Zeichen für besonderen Leistungswillen ansehen. Dieser Fokus auf Zeit schafft aber eine schlechte Ausgangslage. Er vermittelt das Gefühl, dass der eigene Wert für das Unternehmen nur von der Anzahl der Stunden abhängt, die man vor Ort verbringt oder eingeloggt ist. Die Person wird sich dann nicht mehr auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist: die Qualität der Arbeit und die Leidenschaft, mit der sie erledigt werden kann.
Was Sie tun können
- Setzen Sie klare Ziele und stellen Sie sicher, dass diese Leistungsindikatoren (Key Performance Indicators, KPIs) mit Ihrer allgemeinen Unternehmensstrategie und Ihrer Mission übereinstimmen. Wenn Ziele mit einer Deadline versehen sind: Stellen Sie sicher, dass der Grund für die zugewiesene Zeit klar ist. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht verstehen, wie Arbeit und Leistung mit dem Erfolg des Unternehmens zusammenhängen, werden sie sich wahrscheinlich nicht besonders engagieren.
- Sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten informiert sind, ohne dass sie sich auf einen bestimmten Weg „geschubst“ fühlen. Wenn Sie ihnen die Kontrolle über die eigene berufliche Entwicklung überlassen, zeigt das nicht nur Ihr Vertrauen in ihr Urteilsvermögen. Sie zeigen so auch, welche Bedeutung bisherige und zukünftige Leistungen für das Unternehmen haben.