Digitale Transformationsprozesse gemeinsam mit Betriebsräten vorantreiben

Erfahren Sie von Experten von PUMA und Freudenberg, was Sie bei der Zusammenarbeit mit Betriebsräten beachten sollten, wenn Ihr Unternehmen neue Technologien implementiert, und welche Chancen sich daraus ergeben.

Die Welt der Arbeit ist im Umbruch. Flexibilität, Selbstbestimmung, mehr Mitsprache, eine ausgewogene Life-Work-Balance und Mental-Health-Themen rücken in den Vordergrund. Dieser Umbruch braucht eine klare Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten – besonders da, wo er mit einer Transformation im Unternehmen einhergeht.

Betriebsräte und Gewerkschaften können auf eine lange Tradition an genau dieser Schnittstelle zurückblicken. Sie sorgen dafür, dass die Rechte und Interessen der Arbeitnehmenden respektiert, geschützt und erweitert werden. Sie haben bessere Löhne, sichere Arbeitsbedingungen und weitere Vorteile für die Angestellten durchgesetzt.

Doch gerade in Deutschland haben Betriebsräte nicht unbedingt den Ruf, Vorreiter der digitalen Transformation zu sein. Mit Rückschrittlichkeit hat das aber nichts zu tun. Vielmehr haben viele Betriebsratsmitglieder die Sorge, dass cloud-basierte Technologien nicht sicher sind. Sie fragen sich: Können wir dieser Technologie vertrauen? Wo werden die Daten gespeichert und wer hat Zugriff? Wie stellen wir sicher, dass die DSGVO berücksichtigt wird? Haben wir noch das gleiche Mitspracherecht? Aber auch Bedenken zur Handhabung und Funktionalität spielen oftmals eine Rolle.

Genau darüber haben Johannes Raiser, Value Manager bei Workday, Jessica Vollmer, HR Executive, Manager Corporate Data Protection bei Freudenberg & Co. KG, Tina Meier, Director Talent Acquisition & Employer Branding Freudenberg Group und Anirudh Kumar, Global Head People Technology bei PUMA Group auf der Workday Rising Europe in Stockholm gesprochen. Die Panelteilnehmer diskutierten über die Herausforderungen und Chancen, die in der Kollaboration mit Gewerkschaften und Betriebsräten bei der Einführung neuer, transformativer Technologien bestehen.

Diese Fragen standen im Fokus:

  1. Papier? Nein Danke! Oder: Warum implementieren Unternehmen cloud-basierte Technologien z.B. in der HR oder in anderen Bereichen?

  2. Welche Herausforderungen ergeben sich während der Evaluation neuer Technologien und wie können diese gelöst werden?

  3. Welche Herausforderungen bestehen in der Deployment-Phase von Workday in der Zusammenarbeit mit Betriebsräten und wie kann man diesen begegnen?

  4. 3 Tipps zur erfolgreichen Zusammenarbeit mit Betriebsräten bei der Implementierung neuer Technologien

Papier? Nein Danke! Oder: Warum implementieren Unternehmen cloud-basierte Technologien in HR oder anderen Bereichen?

„Jeder Vorgang, jeder Prozess, der Mitarbeitende involviert, muss im Grunde vom Betriebsrat genehmigt werden. Und wenn der Betriebsrat zustimmen muss, muss das auf Papier geschehen. Denn nur was auf Papier steht, ist vertrauenswürdig – aus Sicht vieler Betriebsräte“, schilderte Anirudh Kumar von PUMA.

Der gesamte Rekrutierungsprozess neuer Talente: Papier. Bei jeder Änderung, bei jedem neuen Anhang, bei jeder Aktualisierung – Papier, Papier, Papier. Das kann sich schnell in unvorstellbare Mengen summieren.

Die Reduzierung der Papiermenge ist also ein extrem wichtiger Punkt für die Entscheidung, diese Prozesse auch mit dem Betriebsrat gemeinsam zu digitalisieren. Wer die Papiermenge reduzieren will, muss also den Betriebsrat mit ins Boot holen und Prozesse mit diesem gemeinsam digitalisieren. Denn: Wenn alles manuell geschieht, bedeutet das mehr Zeit, Geld und Material. Unternehmen müssen heute aber schnell und agil sein. Papierbasierte Prozesse können da einen echten Wettbewerbsnachteil bedeuten.  Hinzu kommt die ungeheure Komplexität, die solche manuellen Prozesse mit sich bringen: Wenn alles manuell geschieht, bedeutet das mehr Zeit, mehr Geld und mehr Materialien. Betriebsräte haben oft auch nicht die volle Transparenz. Wenn sich z.B. ein Kandidat „last minute“ bewirbt und eingeladen wird, erfährt der Betriebsrat das erst sehr viel später. Die Einführung einer Software hilft dementsprechend nicht nur dem Unternehmen, sondern auch dem Betriebsrat! 

Welche Herausforderungen ergeben sich während der Evaluation neuer Technologien und wie können diese gelöst werden?

Der Business-Case ist also klar: Die Digitalisierung von manuellen Prozessen liefert nachhaltigere und effizientere Abläufe. Bei der Auswahl der richtigen Software sollten Unternehmen, die mit Betriebsräten zusammenarbeiten, diese bereits in die Evaluierungsphase mit einbeziehen. Wenn es darum geht abzuwägen, welche Technologie ein bestimmtes Problem am besten zu lösen vermag, sind viele Perspektiven wertvoll. Kumar macht deutlich, vor welchen Herausforderungen Unternehmen dabei stehen können: “Den Betriebsrat zu überzeugen, dass der neue Prozess mit Workday sicher und vertrauenswürdig ist, war bestimmt unsere größte Hürde", sagte er auf der Paneldiskussion. Auch bei Freudenberg war der Betriebsrat von Anfang an beteiligt, als es um die Evaluierung ging, ob Workday die richtige Technologieentscheidung sei. Dabei ist Vertrauen besonders wichtig. Um diese Phase bereits partnerschaftlich und wirklich auf Augenhöhe anzugehen, integrierte Freudenberg die Betriebsräte bereits in den Design-Phase-Workshops. Der Austausch zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat war so hilfreich, dass Freudenberg dies auch nach der Implementierung von Workday weiterführte.

Key Takeaway

Vertrauen aufzubauen ist das A und O. Binden Sie Ihre Betriebsräte so früh wie möglich in die Entscheidungs- und Designphasen mit ein. Ermutigen Sie Ihre Betriebsräte, ein festes Team für diese Implementierung bereitzustellen, und bleiben Sie in regelmäßigem Austausch. 

Welche Herausforderungen bestehen in der Deployment-Phase von Workday in der Zusammenarbeit mit Betriebsräten und wie kann man ihnen begegnen?

Auch während der Deployment-Phase des Projekts war der Betriebsrat bei Freudenberg stark involviert. Speziell von Freudenberg kreierte Schulungen halfen dabei, die Betriebsratsmitglieder wirklich abzuholen. Nur so konnte sichergestellt werden, dass die Betriebsräte ihre Bedenken bezüglich des Datenschutzes ablegen und eine aktive Nutzer-Rolle im System spielten. Frei nach dem Motto “Ich glaube nur was ich sehe” sollten die zukünftigen Nutzer bereits so früh wie möglich erfahren, wie alles funktioniert. “Wir haben eine spezielle Betriebsratsschulung angeboten. Die Teilnahme an dieser Schulung war verpflichtend, denn es war uns wichtig, dass alle eine aktive Rolle im System übernehmen, und so auch zeigen können, dass wir keine Daten im System verstecken,” sagte Tina Meier von Freudenberg. Diese Schulungen haben auch noch einen weiteren Vorteil: Alle Macken, die Prozesse aufweisen können, werden im Team erkannt und gemeinsam ausgemerzt - zu  Beginn und nicht erst, wenn die Ausrollung schon in vollem Gange ist.

Für die, die trotzdem noch skeptisch waren, hatte Freudenberg auch eine gute Lösung parat: “Wir haben unseren Betriebsräten angeboten, auf Nummer sicher zu gehen und die erste Zeit sowohl in Workday als auch klassisch mit Papier zu arbeiten. Manche haben das für drei Monate so gehandhabt. Schließlich haben sich aber alle voll und ganz auf Workday eingelassen”

Bei PUMA bestand der wichtigste Teil der Einführungsphase darin, den vom Betriebsrat verwendeten Prozess zu automatisieren, um das Vertrauen in das System zu stärken. Dazu wurde eine technische Roadmap für die Digitalisierung des Prozesses erstellt und Workday eingesetzt. So konnte sichergestellt werden, dass die im System angezeigten Daten mit den Daten übereinstimmen, die bei der täglichen Kommunikation mit den Geschäftspartnern anfallen.

Key Takeaway

Falls bei einzelnen Prozessen große Bedenken herrschen, kann eine gute Strategie sein die Prozesse sowohl im System als auch auf Papier paralell laufen zu lassen. Die Betriebsräte entscheiden dann selbst, wann sie ausschließlich das System nutzen wollen.

3 Tipps zur erfolgreichen Zusammenarbeit mit Betriebsräten bei der Implementierung neuer Technologien

Tipp 1: Bedenken zur Datensicherheit ausräumen

“Unsere Betriebsräte waren wirklich in jeder einzelnen Phase involviert. Kommunikation ist der Schlüssel. Das ist nicht nur für den Betriebsrat, sondern auch für alle anderen Stakeholder sehr wichtig.”

 

Jessica Vollmer HR Executive, Manager Corporate Data Protection Freudenberg & Co. KG

Betriebsräte müssen genau darauf achten, was mit persönlichen Daten geschieht, wo sie gespeichert werden und wer Zugang dazu hat. “Den Betriebsrat davon zu überzeugen, dass die Sicherheitseinstellungen für Workday wirklich sicher sind und dass keine Datenlecks geschehen werden, war eine schwierige Aufgabe, bei der wir immer wieder auf taube Ohren getroffen sind.” sagte Kumar. Sowohl Puma als auch Freudenberg haben von Anfang darauf gesetzt, so viele unterschiedliche Perspektiven wie möglich mit an den Tisch zu holen. Sei es durch die Einbindung von IT-Experten, die direkt in den Betriebsrat geholt wurden, wie im Falle von Puma, oder durch speziell kreierte Trainings für Betriebsräte und andere Stakeholder, die alle Bedenken aus dem Weg räumen können und echte Beteiligung ermöglicht. So hat es Freudenberg gemacht.  "Der entscheidende Punkt war die Transparenz während des gesamten Projekts. Unsere Betriebsräte waren wirklich in jeder einzelnen Phase involviert. Kommunikation ist der Schlüssel. Das ist nicht nur für den Betriebsrat, sondern auch für alle anderen Stakeholder sehr wichtig.” sagte Vollmer von Freudenberg.

Tipp 2: Ran an die Veränderungsresistenz

Man stelle sich vor, es ist geschafft: Die Einführung der neuen bahnbrechenden Technologie hat grünes Licht bekommen, alle Stakeholder haben abgenickt. An diesem Punkt wird besonders deutlich, wie integrativ und transparent die vorherige Phase wirklich war. Es ist wirklich wichtig, alle mit ins Boot zu holen und von Anfang an zuzuhören. Für jeden Prozess gibt es jemanden, der diesen Prozess schützt und sicherstellen will, dass Neuerungen nicht zum Nachteil für diejenigen werden, die diese Aufgaben ausführen müssen. PUMA hat hierfür beispielsweise verschiedene Meetings abgehalten, bei denen Manager und C-Level ihre Bedenken äußern und individuelle Lösungsansätze mitgestalten konnten. Auch die Zusammensetzung des Betriebsrates selbst kann dazu beitragen, dass neue Anwendungen schneller Akzeptanz finden.

 “Wir haben einen Betriebsrat, der aus ganz verschiedenen Menschen besteht. Leute aus dem Finanzwesen, Leute aus der IT. Als zum Beispiel die IT-Abteilung uns vertraute, fingen auch die anderen Betriebsratsmitglieder an, uns zu vertrauen und sagten: "Okay, er ist in der Lage, unseren Betriebsrats-IT-Mann zu überzeugen, und der ist zufrieden. Das bedeutet, dass auch ich als Vorsitzender zufrieden sein muss." sagte Kumar. 

“Wir haben einen Betriebsrat, der aus ganz verschiedenen Menschen besteht.”

 

Anirudh Kumar Global Head People Technology PUMA

Tipp 3: Perspektivenwechsel: Mehrwerte für den Betriebsrat

Statt zu versuchen, den Betriebsräten eine neue Technologie zu verkaufen, können Unternehmen sich einfach die Frage stellen: Was ist eigentlich für die Betriebsräte drin? Sprechen Sie über die Vorteile, die ein System im Alltag bringen wird, statt über das riesige System als solches. Mit Workday zum Beispiel bekommen Betriebsräte mehr Informationen denn je: Keine Geheimnisse mehr, volle Transparenz! „Betriebsräte sind auch Manager und sie sind auch Mitarbeitende, richtig? Der Ansatz von Workday ist also immer derselbe. Der Mitarbeiter steht an erster Stelle. Genau diesen Ansatz würde ich auch für den Betriebsrat empfehlen“, erklärte Vollmer.

Machen Sie die Mitglieder Ihres Betriebsrates zu Botschaftern für das neue System. Ermutigen Sie sie, ihre positiven Erfahrungen mit ihren Kollegen und Arbeitnehmervertretungen in anderen Ländern zu teilen. Akzeptanz im ganzen Unternehmen macht eine Investition in eine neue Lösung besonders lohnenswert, weil sie angenommen und wirklich genutzt wird.

Die Zusammenarbeit mit Betriebsräten und Gewerkschaften ist nicht immer einfach, aber es lohnt sich. Die Zukunft der Arbeit wird immer mehr Prozessveränderungen mit sich bringen und Arbeitnehmende werden zunehmend mitbestimmen, wie diese Prozesse aussehen.

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