CFO: vom Zahlenjongleur zum Vordenker

Die Wertschöpfung ist zunehmend zu einem zentralen Bestandteil der CFO-Funktion geworden. In einem kürzlich durchgeführten Webinar sprachen Finanzführungskräfte von AICPA-CIMA, Aon, McKinsey & Company und Workday über die Zukunft des Finanzwesens.

Die Rolle des CFO entwickelt sich ständig weiter. Finanzführungskräfte sind zunehmend nicht mehr nur an der Wertverfolgung beteiligt, sondern übernehmen bei der Wertschöpfung eine aktive Rolle. Doch das ist längst nicht alles.

Scott Moyer, Director of Product Marketing, Office of the CFO bei Workday, wies darauf hin, dass sich der Wert der Unternehmen im S&P 500 etwa alle sieben Jahre verdoppelt und die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit eines CFOs weniger als fünf Jahre beträgt. 

„Wenn Sie also als CFO eine überdurchschnittliche Leistung erbringen möchten, stehen Ihnen folglich weniger als fünf Jahre zur Verfügung, um den Wert des Unternehmens zu verdoppeln“, erklärte er. „Und wenn Sie alle Tätigkeiten des CFO oder der CFO-Funktion auf das Wesentliche reduzieren, dann bleibt diese zentrale Aufgabe – Mehrwert für das Unternehmen zu generieren.“

In einem kürzlich durchgeführten Webinar untersuchte Moyer gemeinsam mit Finanzführungskräften von Aon, einem globalen Anbieter von Risikomanagement- und Vermögensverwaltungsservices, der Association of International Certified Professional Accountants und dem Chartered Institute of Management Accountants (AICPA-CIMA) sowie McKinsey & Company, was CFOs tun müssen, um ihre Rolle von einer reinen Buchhaltungsfunktion in die eines Vordenkers zu verwandeln.

Denkweisen und Praktiken erfolgreicher CFOs

Scott Schwaitzberg, Associate Partner bei McKinsey & Company in New York, stellte fest, dass sich die Aufgaben von Finanzführungskräften auf neue Bereiche ausgedehnt haben, die traditionell nicht von CFOs übernommen werden. Diese neuen Verantwortlichkeiten ergeben sich daraus, dass Unternehmen mehr Daten denn je generieren und einer größeren Zahl an Stakeholdern gegenüber rechenschaftspflichtig sind.

 

„Wir sehen auch, dass CFOs neben den eher traditionellen Bereichen wie Budget, Risiko, Planung und dergleichen im digitalen Bereich eine viel größere Rolle spielen“, erläuterte er. „Sie haben mehr Aufgabenbereiche als je zuvor, aber der Grundsatz, dass ein CFO für die Wertschöpfung verantwortlich ist, hat sich nicht geändert.“

So besteht die Herausforderung darin, sich neben der generellen Wertschöpfung auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Schwaitzberg nannte einige Denkweisen und Praktiken als Fokusbereiche für den Erfolg von CFOs.

  • Definieren Sie die Herausforderung. Machen Sie sich bewusst, was Sie erreichen müssen, und was es bedeutet, den Wert eines Unternehmens in den nächsten fünf bis sieben Jahren zu verdoppeln.

  • Entwickeln Sie eine größere Handlungsbereitschaft. „Es ist unwahrscheinlich, dass Sie ans Ziel kommen, wenn alles so weiterläuft wie bisher“, so Schwaitzberg. „Die zugrunde liegende Annahme ist, dass Sie handeln müssen. Viele Menschen dagegen stellen sich die Frage ‚Sollten wir etwas tun?‘“ 

  • Gehen Sie proaktiv mit Risiken um. „Bei unseren Gesprächen über die Denkweise von CFOs hat sich unter anderem Folgendes herausgestellt: Eines der größten Risiken besteht darin, kein Risiko einzugehen“, sagte Schwaitzberg. „Ein wirklich wichtiger Faktor sind die richtigen Daten und das passende Konzept, um kalkulierte Risiken einzugehen, statt einfach nur blindlings etwas zu riskieren.“ 

  • Behalten Sie ESG-Kennzahlen im Blick. „Sie müssen auf Ihren ökologischen Fußabdruck achten“, erklärte er. „Wie gehen Sie in diesem Kontext mit den Themen Governance und Nachhaltigkeit um?“

  • Stellen Sie ein kompetentes Team zusammen. Schwaitzberg hob diesen Punkt besonders hervor: Ihr Team ist wichtig. Um ehrgeizige Ziele zu erreichen, benötigen Sie die richtigen Stakeholder und Unterstützer. „Wenn Sie etwas Großes erreichen möchten, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihnen dies allein gelingt, praktisch gleich null. 

Matt House, global CFO for Commercial Risk bei Aon, sprach ebenfalls darüber, bewusst Risiken einzugehen, zu steuern und gegebenenfalls zu übertragen.

„So gehen wir bei Schaden- und Unfallversicherungen vor, also in den eher traditionellen Bereichen des Risikotransfers", erklärte er. „Doch wir befassen uns zunehmend auch mit geistigem Eigentum, das heute weitgehend unversichert und in Bezug auf das Bewertungsrisiko wenig geregelt ist. Und in Bereichen wie Klima, das in den ESG-Bereich fällt.“

Auch der Gedanke, in einem Portfolio Platz für Risiken zu schaffen, fand bei House Anklang: „Heute verfolgen wir bei Aon eine einheitliche Strategie, bei der wir das gesamte Unternehmen aus einer gemeinsamen Perspektive betrachten: Der Fokus liegt auf der Rendite des investierten Kapitals und auf Bereichen, in denen wir bewusst Risiken eingehen können, um die maximale Wertschöpfung für das Unternehmen zu erzielen.“

„Eines der größten Risiken besteht darin, kein Risiko einzugehen.“

Porträt von Scott Schwaitzberg Scott Schwaitzberg Associate Partner McKinsey & Company

Vom Zahlenjongleur zum Vordenker

Ash Noah, Vice President and Managing Director of Learning, Education and Development bei AICPA-CIMA, erläuterte das Konzept des Finance Assessment Model for Effectiveness (FAME) und erklärte, dass sich CFOs und ihre Finanzteams einer der folgenden fünf Rollen zuordnen lassen: Zahlenjongleure, Berater, Partner, Wertschöpfer und Vordenker.

„Es muss ein Datenmodell im Finanzwesen geben, dass als Single Source of Truth fungiert. Nur so können wir die Effektivität der Daten bewerten“, erläutert er. „Die Kombination von finanziellen und nicht-finanziellen Daten zur Bewertung immaterieller Werte ist im Hinblick auf die Datenauswertung absolut unerlässlich. Dabei handelt es sich nicht um Finanzkennzahlen für die Verwaltung immaterieller Vermögenswerte. Doch es gibt Proxy-Datenpunkte, die die Finanzabteilung nutzen muss.

„Die Finanzfunktion muss die Verantwortung für das Datenmodell bzw. die Single Source of Truth übernehmen. Dies ist ein wichtiger Maßstab dafür, wie gut es ihr gelingt, sich als Wertschöpfer und Vordenker zu positionieren,“ so Noah. „Da es keine finanziellen Messgrößen für die Verwaltung immaterieller Vermögenswerte gibt, ist es absolut notwendig, nicht-finanzielle Proxy-Daten mit finanziellen Daten zu verknüpfen.“ 

„Das Finanzwesen benötigt diese Art von Funktionen, um datengesteuerte Entscheidungen schneller treffen zu können“, fügte er hinzu.

Mehrwert aus nicht-traditionellen Daten schöpfen

Moyer führte die Fallstudie von Team Car Care an, einem großen Jiffy Lube-Franchise-Betreiber und Workday-Kunden, der nicht-traditionelle Daten – beispielsweise Wettervorhersagen – verwendet, um Umsatz und Gewinn für jede seiner Filialen zu prognostizieren. „So stellte man im Laufe der Jahre fest, dass kaum jemand bei schlechtem Wetter sein Auto zum Ölwechsel in die Werkstatt bringt“, erklärte er. „Daher kann das Unternehmen für jede Filiale auf Stundenbasis vorhersagen, wie viel Personal und Material erforderlich sein wird. Dies trifft den Kern der Wertschöpfung.“

House betonte, wie wichtig es ist, die benötigte Datenstruktur und den Grad der Granularität zu berücksichtigen, und wies auf die Vielzahl der von Aon einbezogenen Quellen hin. 

„Hinsichtlich externer Datenquellen haben wir durch akademische Studien sowie eigene Analysen ermittelt, dass wir eine Reihe von Makrodatenpunkten nutzen können, um zu verstehen, wohin sich bestimmte Unternehmen in bestimmten Regionen bewegen“, so House. „Neben den Daten von Moody‘s Analytics bzw. anderen externen Forschungsunternehmen verwenden wir auch eine Datenbank von McKinsey, um Trends hinsichtlich Versicherungsprämien und Wirtschaftswachstum zu ermitteln. Diese Erkenntnisse lassen wir dann in unsere Investitions- und Bedarfsstrategie einfließen.“

„Führungskräfte im Finanzwesen können ihren Aussagen Autorität verleihen. Denn wir bringen Daten und Fakten in die Diskussion ein.“

Porträt von Matt House Matt House Global CFO for Commercial Risk AON

Wirtschaftliche Profitabilität als Maßstab für Wertschöpfung

Die wirtschaftliche Profitabilität – die Gewinne eines Unternehmens nach Abzug der Kapitalkosten – ist laut Schwaitzberg ein wichtiger Maßstab für die Wertschöpfung.

„Wenn Sie an die strategische Ausrichtung denken, so ist die Rentabilität ein wirklich guter Ausgangspunkt“, betont er. „Sie beeinflusst die Gesamtrendite. Doch der Zusammenhang zwischen betriebswirtschaftlichem Gewinn und der Rendite der Aktionäre besteht unabhängig davon, ob Sie in einem wachstumsstarken oder wachstumsschwachen Umfeld agieren.“ 

Schwaitzberg fügte hinzu: „Wenn Sie das Gewinnwachstum betrachten, werden Sie einmal mehr feststellen, dass die Spitzenreiter eine höhere Aktionärsrendite aufweisen als die Schlusslichter – und zwar unabhängig vom Anstieg des Gesamtumsatzes.“ 

House fügte hinzu, dass es wichtig ist, die tatsächlichen Gewinnmargen der verschiedenen Geschäftsbereiche von Aon zu kennen. „Wir möchten sicherstellen, dass alle Margen den Unternehmensausgaben und anderen Kennzahlen zugeordnet werden können. So erhalten wir ein klares Bild über den wirtschaftlichen Gewinn der einzelnen Unternehmen“, führt er aus. „Im Laufe der Jahre haben wir viel in diesen Bereich investiert. Er bildet den wichtigsten Rahmen für unsere Entscheidungen“.

Anstatt die Leistung mit der von Branchenkollegen zu vergleichen, so Schwaitzberg, bietet der betriebswirtschaftliche Gewinn eine gemeinsame Messgröße, die sich auf jedes Unternehmen anwenden lässt. „Betrachtet man Tausende von Unternehmen, fallen ein paar Punkte auf“, fährt er fort. „Erstens: Die meisten Unternehmen – das zweite, dritte und vierte Quintil – bewegen sich direkt an der Grenze ihrer Kapitalkosten.“

Laut Schwaitzberg erwirtschaftet eine kleine Gruppe von Unternehmen den Großteil des Gesamtwertes. Seiner Ansicht nach kann es sinnvoller sein, die Ausreißer zu ignorieren.

„Wir haben festgestellt, dass es einfach ist, die Gewinne ganzheitlich zu betrachten und einige Ausreißer zu Analysezwecken zu ignorieren“, erläutert Schwaitzberg. „Natürlich ist es großartig, zu den Unternehmen zu zählen, die jährlich 20, 30, 40 oder 50 Milliarden Dollar an wirtschaftlichem Gewinn erzielen. Doch das ist unter Umständen kein sinnvolles Ziel, wenn schon der Sprung von links in die Mitte des obersten Quintils eine enorme Wertschöpfung darstellt.“

„Die Kombination von finanziellen und nicht-finanziellen Daten zur Bewertung immaterieller Werte ist im Hinblick auf die Datenauswertung absolut unerlässlich“.

Porträt von Ash Noah Ash Noah Vice President and Managing Director of Learning, Education, and Development AICPA-CIMA

Der CFO der Zukunft hat die Daten stets im Blick

Moyer, einst selbst CFO, sprach von seiner Vision zukunftsorientierter Finanzführungskräfte, die den Fokus viel stärker als bisher auf Daten setzen – allein schon deshalb, weil ihnen heute viel mehr Daten zur Verfügung stehen als in der Vergangenheit. 

„Da jetzt so viele Daten erfasst und genutzt werden, können die CFOs der nächsten Generation sich mehr auf Zahlen und Fakten stützen und werden weniger Bauchentscheidungen treffen“, erklärte er.

House fügte hinzu, dass es dem Portfolio eines Unternehmens schaden kann, wenn es sich wegen irgendeines neuen Trends, der plötzlich in aller Munde ist, zu weit von seinem Kerngeschäft entfernt. Für Finanzführungskräfte ist es daher wichtig, die Sichtweise des CFO einzubringen. „Führungskräfte im Finanzwesen können ihren Aussagen Autorität verleihen“, erklärt er. „Denn wir bringen Daten und Fakten in die Diskussion ein.“

Noah hat eine umfassende Vorstellung von der Rolle des Vordenkers im Finanzwesen.

„Das Konzept der Wertschöpfung erweitert die Rolle des CFO über seinen traditionellen Aufgabenbereich hinaus. Es geht darum, zukünftige Cashflows den richtigen Projekten zuzuweisen“, so Noah. „Wenn Sie sich genau ansehen, wie Ihre Wertschöpfung mit der Allokation Ihrer zukünftigen Investitionen in die richtigen Projekte zusammenhängt, werden Sie feststellen, das dies von grundlegender Bedeutung für die Wertschöpfung ist.“

Sehen Sie sich das vollständige Webinar „Vom Zahlenjongleur zum Wertschöpfer: Die Schaffung einer Datengrundlage für betriebswirtschaftliche Rentabilität“ an. Lesen Sie das Whitepaper von AICPA-CIMA „Vom Zahlenjongleur zum Vordenker: Der Weg zu Finance 5.0“.

Veröffentlicht in:  smartCFO Magazin, Vol 04

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