Ein DACH-Leitfaden für arbeitnehmerfreundliche KI

Wie Unternehmen in der DACH-Region Künstliche Intelligenz einsetzen, ohne Vertrauen, Mitbestimmung und Fairness zu gefährden – und warum Regulierung dabei zum Stabilitätsfaktor wird.

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Die technologische Entwicklung in der DACH-Region hat selten mit dem Tempo des Silicon Valley Schritt gehalten. Fortschritt passiert hier meist in überschaubaren Etappen, wird beraten, durch Regulierung abgesichert und getragen von einer Kultur, die Präzision und Stabilität ernst nimmt. Künstliche Intelligenz bewegt sich anders. Sie entwickelt sich schneller, verkürzt Planungszyklen und zwingt Unternehmen dazu, lang gepflegte Annahmen über Arbeit, Wertschöpfung und soziale Sicherheit neu zu prüfen.

Schätzungen zufolge könnten bis 2030 bis zu 30 Prozent der Arbeitsstunden in Europa automatisiert werden. Diese Zahl wirkt drastisch. Sie weckt Ängste vor dem Verschwinden von Arbeitsplätzen, vor geschwächten Branchen und zusätzlichem Druck auf den Mittelstand. Doch je genauer man hinschaut, desto deutlicher wird: Automatisierung verschiebt häufiger Aufgaben, als dass sie ganze Berufe ausradiert. Verantwortlichkeiten wandern. Fähigkeiten verändern sich. Teams organisieren sich neu um Tools, die Urteilsvermögen stützen, statt es zu ersetzen.

In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist dieser Wandel bereits spürbar. 26-30% der  Unternehmen modernisieren Prozesse mit KI. Sie erweitern die Qualifizierungsmöglichkeiten, statt KI-Wissen auf technische Gruppen zu begrenzen. Und in einem klar regionalen Muster arbeiten sie eng mit Betriebsräten zusammen, um Regeln zu definieren, die dem EU-KI-Gesetz (Ai Act) entsprechen. Diese Mischung aus Experimenten und ausgehandelten Schutzmechanismen ebnet den Weg für eine KI, die zu den Werten der Region passt. Sie ersetzt Angst durch stetige Anpassung.

Das 30-Prozent-Problem der Automatisierung

Diese Schätzung von 30 Prozent wird oft als Warnsignal eingesetzt. Alleinstehend verdeckt sie jedoch mehr, als sie erklärt. Die zentrale Frage für die DACH-Volkswirtschaften ist, wie Unternehmen reagieren, wenn das passiert. Deuten sie es als Verlust? Oder als Verlagerung von Verantwortung?

Viele Unternehmen im Fertigungs- und Maschinenbau nutzen KI schon heute als Werkzeug im Konstruktionsprozess. Roboter übernehmen repetitive Aufgaben. Modelle unterstützen Qualitätskontrollen und Planung. Digitale Systeme ersetzen papierintensive Routinen, die Personalabteilung und Einkauf ausbremsen. Arbeit verändert ihre Form. Kapazitäten wachsen. Mitarbeitende rücken näher an Tätigkeiten, die Urteilsvermögen und direkten Kontakt mit Kunden oder Partnern verlangen.

Beispiele von Workday-Kunden zeigen dieses Muster deutlich. Wenn Unternehmen papierbasierte Aufgaben durch Cloud-Workflows ersetzen, machen sie Prozesse für Mitarbeitende nachvollziehbarer.

Bei PUMA erforderte die Abkehr vom Papier eine enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat. Fragen zur Datenspeicherung, Einwilligung und DSGVO prägten jeden Schritt. Demonstrationen und eine frühzeitige Einbindung halfen, Zweifel zu reduzieren. Vertrauen musste trotzdem aufgebaut werden. Doch die Mitarbeitenden unterstützten die Veränderung, sobald sie sehen konnten, wie das System funktioniert.

Freudenberg ging einen ähnlichen Weg. Die Betriebsräte erhielten gezielte Schulungen, damit sie Systemverhalten und Datenhandling bewerten konnten. Einige betrieben sogar für kurze Zeit parallel ein papierbasiertes und ein digitales System. Das war langsamer, half aber, die Veränderung greifbar zu machen. Der Übergang funktionierte, weil er schrittweise und offen erfolgte.

Von Fachkräftemangel zu Kompetenzintelligenz

Die Region steht unter demografischem Druck. Belegschaften altern. Rekrutierungspipelines sind dünn. Qualifizierte Arbeitskräfte sind schwerer zu finden, und der Ersatz von Expertise ist teuer. Unternehmen können das nicht allein über Recruiting lösen. Sie müssen Mitarbeitende innerhalb der Organisation präziser und wirksamer einsetzen.

Kompetenzbasierte Planung wird damit zugleich unternehmerische Entscheidung und Bindungsstrategie. Sie signalisiert Mitarbeitenden langfristiges Engagement.

Genau deshalb betrachten viele Unternehmen Qualifikationen inzwischen als zentrale Organisationseinheit von Arbeit. Statt starrer Stellenbeschreibungen schauen sie darauf, was Menschen können, was sie gerade lernen und wo diese Fähigkeiten am besten wirken. Das erleichtert es, Talente neu zuzuordnen, wenn sich Anforderungen verschieben. Mitarbeitende erkennen neue Wege. Führungskräfte sehen interne Stärken, bevor sie extern suchen.

Die Skills Cloud von Workday unterstützt das, indem sie Unternehmen eine gemeinsame Methode zur Beschreibung von Qualifikationen bietet und anhand früherer Erfahrungen verwandte Stärken identifiziert. Der Vorteil liegt in der Genauigkeit und auch in der Fairness. Wenn sich Rollen verändern, können Unternehmen zeigen, wer neue Fähigkeiten erworben hat, wer in neue Schulungen gewechselt ist und wo zusätzliche Unterstützung nötig wird. In der DACH-Region ist Fairness keine Option. Sie ist Teil der rechtlichen und kulturellen Grundlagen.

Janina Kugel, ehemalige CHRO von Siemens, hat oft darauf hingewiesen, dass die Zukunft der Arbeit weniger vom Standort abhängt als vom Zugang zu Chancen. Mitarbeitende, die einen klaren Weg nach vorn sehen, bleiben. Wer sich zurückgelassen fühlt, geht weiter. Unternehmen, die Job-Redesign und hybrides Arbeiten als vorübergehende Anpassungen behandeln, riskieren Talentverlust.

Kompetenzbasierte Planung wird damit zugleich unternehmerische Entscheidung und Bindungsstrategie. Sie signalisiert Mitarbeitenden langfristiges Engagement.

KI-Kompetenz für alle. Nicht nur für Technologen

Eine bemerkenswerte Verschiebung in der DACH-Debatte ist, wie schnell sich KI-Wissen über technische Teams hinaus ausbreitet. Unternehmen erkennen zunehmend: Fragen zu Systemverhalten oder Ethik lassen sich nicht an Spezialisten delegieren. Jede Person, die mit KI arbeitet, braucht ein Grundverständnis.

Schulungen werden zum Standard. Teams lernen, wie sich Modelle verhalten, wie Entscheidungen überprüft werden und was das EU-KI-Gesetz verlangt. Diese Trainings leisten mehr als Wissensvermittlung. Sie verschieben Machtverhältnisse. KI wird von etwas, das über Menschen gestülpt wird, zu etwas, das Menschen hinterfragen und mitgestalten können.

Unternehmen, die Schulungen auf Führungskräfte begrenzen, riskieren Spaltungen. Wer Wissen breit verteilt, erlebt konstruktivere Diskussionen. PUMA und Freudenberg haben gelernt: Sobald Mitarbeitende verstehen, wie Systeme funktionieren und wie ihre Daten behandelt werden, kippt die Haltung oft von Besorgnis in Problemlösung.

Das EU-KI-Gesetz als Katalysator, nicht als Einschränkung

Manche sehen Regulierung als Bremse für Fortschritt. In der DACH-Region erfüllen Regeln häufig eine andere Funktion. Sie bringen Klarheit. Das EU-KI-Gesetz passt zu bestehenden Normen. Mitbestimmung gibt Betriebsräten ohnehin eine starke Stimme. Die DSGVO setzt bereits strenge Datenregeln durch. Das Gesetz zieht KI in denselben Rahmen.

Wenn ein System einer Regulierungsbehörde nicht erklärt werden kann, wird es einen Betriebsrat nicht überzeugen. Und wenn es einen Betriebsrat nicht überzeugt, wird es nicht das Vertrauen gewinnen, das für breite Nutzung nötig ist.

Das verschafft Unternehmen einen Vorteil, die früh eine starke interne Governance aufbauen. Sie senken das Compliance-Risiko und stärken ihren Ruf. Gleichzeitig schaffen sie Arbeitsplätze, die schnelle Veränderungen aushalten, ohne Vertrauen zu beschädigen.

Der Ansatz von Workday für verantwortungsvolle KI unterstützt diesen Wandel. Der Fokus auf nachvollziehbare Trainingsdaten, klare Prüfpfade und Fairness ermöglicht es CHROs, die Fragen zu beantworten, die Regulierungsbehörden und Betriebsräte interessieren. Wer hat neue Tools erhalten? Wer hat sich für neue Qualifizierungsmaßnahmen entschieden? Wo wurden Schutzmaßnahmen angewendet? Die Fähigkeit, das zu zeigen, ist ebenso wichtig wie die Technologie selbst.

Der DACH-Sozialvertrag. Neu geschrieben für das Zeitalter der KI

Was diese Region auszeichnet ist die Überzeugung, dass Technologie Menschen unterstützen muss. Automatisierung soll das soziale Gefüge stärken. Veränderungen sollen diskutiert werden, nicht diktiert.

Diese Denkweise prägt seit Jahrzehnten die Arbeitsbeziehungen. Jetzt prägt sie auch die Einführung von KI. Unternehmen entwickeln neue Wege, um die Stimme der Mitarbeitenden in Entscheidungen einzubinden. Betriebsräte sind Frühwarnsysteme für reale Risiken und Bedenken.

Die deutlichste Veränderung findet möglicherweise im Mittelstand statt.

Der Prozess kann langsam sein. Er kann Meinungsverschiedenheiten produzieren. Doch er schafft Widerstandsfähigkeit. Vertrauen wächst durch stetige, gemeinsame Entscheidungsfindung. Und dieses Vertrauen ist unerlässlich, wenn KI langfristig Mehrwert liefern soll.

Der Moment der Neuerfindung des Mittelstands

Die deutlichste Veränderung findet möglicherweise im Mittelstand statt. Viele mittelständische Unternehmen sahen KI früher als zu weit entfernt oder zu kostspielig. Diese Sicht kippt gerade. Führungskräfte erkennen: KI wird so oder so ihre Branchen verändern. Aber die große Frage ist: Wie viel Kontrolle behalten sie dabei?

Mittelständler aktualisieren unter anderem ihre HR-Systeme, um Fragmentierung zu reduzieren. Sie verlagern Routineentscheidungen in Cloud-Workflows, um Zeit freizusetzen. Sie bilden Teams, die KI im kleinen Maßstab testen, bevor sie ausrollen. Siemens Healthineers ist ein Beispiel. Mit mehr als 500 weltweit verteilten HR-Systemen nutzt das Unternehmen Workday, um Ordnung in die Zersplitterung zu bringen. Das Ziel ist klar: Mitarbeitende können sich auf das Wesentliche konzentrieren und neue Ideen schneller umsetzen.

Das ist die stetige Neuerfindung, die den regionalen Ansatz auszeichnet. Kein Wettlauf um vollständige Automatisierung. Keine Nostalgie für ältere Systeme. Eine praktische Neugestaltung der Arbeit. Schritt für Schritt.