ERP-Systeme überdenken und den Weg in die Zukunft ebnen

Die Aussicht darauf, komplexe geschäftskritische Systeme zu transformieren, schreckt einige CIOs davon ab, Modernisierungsmaßnahmen in Angriff zu nehmen. Für Unternehmen ist es jedoch noch riskanter, den Status quo beizubehalten. Hier erfahren Sie, wie der Weg zu einer modernen ERP-Umgebung aussieht.

Dies ist der zweite Artikel einer dreiteiligen Reihe zum Thema ERP-Modernisierung. (Den ersten Artikel finden Sie hier). Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf CIO.com und wird hier mit freundlicher Genehmigung von CIO.com wiedergegeben.

Die Angst vor den Kosten ist einer der Hauptgründe, warum Unternehmen auf die Aktualisierung ihres ERP-Systems verzichten. Der Wechsel zu einer cloudbasierten Plattform, die von vielen als alternativlos betrachtet wird, kann tatsächlich ziemlich teuer werden. Diesen Schritt jedoch aufzuschieben, ist in der Regel noch schädlicher für das Unternehmen. Das Festhalten an veralteten ERP-Systemen erschwert eine schnelle Reaktionsfähigkeit, wenn sich neue Chancen oder Änderungen am Markt ergeben.

„Die meisten Unternehmen erleben gerade fundamentale betriebliche Veränderungen, denen ihr derzeitiges ERP-System oft nicht gewachsen ist“, so Bo Lykkegaard, Associate Vice President, European Software Research bei IDC. „Die Innovationszyklen werden kürzer, neue digitale Vertriebskanäle kommen hinzu, neue Produkte werden entwickelt, neue Märkte erschlossen und neue Geschäftsmodelle erprobt. Diese Veränderungen sind für die bisherigen ERP-Konfigurationen ein echtes Problem und verdeutlichen den Umstand, dass konventionelle On-Premise-ERPs in der Regel zu komplex sind und dass es zu lange dauert, sie zu modifizieren.“

Urknall oder stufenweise Modernisierung?

Wie sieht der Weg in die Zukunft nun aus? Wie können CIOs eine ERP-Modernisierungsstrategie entwerfen, die schnell ROI generiert, ohne den Betrieb zu stören? 

Timing und Geschwindigkeit spielen bei jeder ERP-Migration eine zentrale Rolle. Ziel des Urknall-Modells ist es, die Modernisierung in möglichst kurzer Zeit abzuschließen, während sich der Prozess bei des schrittweisen Übergangs über Monate oder sogar Jahre hinziehen kann. Beide Modelle haben ihre Vor- und Nachteile.

„Im Fall einer über die Jahre gewachsenen Altplattform mit zahlreichen Eigenkonfigurationen ist der Urknall gewissermaßen unvermeidbar“, so Ernesto Boada, Interim-CIO bei Workday. „In anderen Fällen kann es durchaus sinnvoll sein, bestimmte Geschäftsbereiche zuerst zu modernisieren und sich von dort aus Schritt für Schritt vorzuarbeiten.“

Ein Problem mit dem Urknall-Ansatz ist, dass sich die Lösung nicht sofort rentiert, was es erschwert, eine derart große Investition gegenüber wichtigen Entscheidungsträgern wie dem CFO zu rechtfertigen. Daher entscheiden sich einige Unternehmen für eine modulare Einführung, bei der beispielsweise nur die Finanz- oder HR-Abteilung modernisiert wird, bevor Schritt für Schritt das gesamte Unternehmen transformiert wird.

„Viele Unternehmen machen sich den Weg zur ERP-Modernisierung leichter, indem sie das Projekt in mehrere Phasen unterteilen, deren Einzelkosten jeweils leichter zu rechtfertigen sind“, so Lykkegaard.

Unabhängig vom Modell ist es wichtig, sich auf die Bereiche zu konzentrieren, in denen die Modernisierung den größten Effekt hat, und das Hauptziel niemals aus den Augen zu verlieren. 

„IT- und Geschäftsleitung müssen sich darüber einig sein, wie ihr modernisiertes ERP aussehen soll: Welche Unternehmensziele werden angestrebt und welche Kernfunktionen tragen dazu bei, z. B. mehr Automatisierung, mehr handlungsorientierte Erkenntnisse, konfigurierbare Ansätze und Geschäftsprozesse sowie eine kontinuierliche Neukalibrierung“, so Boada.

Progressive CIOs machen sich den Katalysatoreffekt zunutze, den Cloud-Plattformen bieten.

Überlegungen zur Cloud

Unabhängig von der Art der ERP-Modernisierung sollten sich CIOs ernsthaft mit den Vorteilen einer Cloud-Architektur auseinandersetzen, die sofortige Agilität und Schutz vor künftiger Veralterung sowie Marktstörungen bietet. Cloudbasierte Lösungen gehen oft mit weiteren entscheidenden Vorteilen einher, z. B. Skalierbarkeit, Konsolidierung aller Anwender in einer einzigen Version und aktualisierten Sicherheitsmaßnahmen.

„Halten Sie nach einer cloudbasierten Plattform Ausschau, die sich die Vorteile der Cloud wirklich zunutze macht, um große Datenmengen in hoher Geschwindigkeit zu verarbeiten“, rät Boada. 

Die zentrale Datenbasis eines cloudbasierten ERPs hilft bei der kontinuierlichen Planung, Umsetzung und Analyse. Und dank zentraler und vollständig konfigurierbarer Ansätze ist das Unternehmen in der Lage, sich an ständig wechselnde wirtschaftliche und regulatorische Bedingungen anzupassen. 

Eine moderne Cloud-Plattform bietet Führungsteams viele Möglichkeiten, innovativ zu sein: Sie können die Kernanwendungen beispielsweise um spezialisierte Funktionen ergänzen, um Kostenvoranschläge zu erstellen, die Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung zu optimieren, Inkassoprozesse zu vereinfachen, Steuervorgänge zu automatisieren und Arbeitsabläufe zu verbessern. 

Mit einer modernen Lösung, die auf einer echten Cloud-Plattform basiert, ist es leicht, APIs und andere Funktionen zu integrieren, zu erweitern und gewinnbringend zu nutzen, sodass auch ohne Eingriff in die Kernanwendungen ein Mehrwert entsteht.  All diese Änderungen sind zudem nachhaltig und aktualisierbar und führen das Unternehmen nicht in eine Sackgasse, indem es an eine bestimmte Technologieversion gebunden ist. 

Der einfachste Ansatz, so könnte man meinen, besteht darin, die aktuelle Lösung und den bisherigen Anbieter beizubehalten, aber eine solche Strategie schränkt die Möglichkeiten und den Nutzen einer modernen ERP-Plattform ein.

„Da sich der Markt und die Technologien ständig weiterentwickeln, sollte das Führungsteam seine Optionen aus einer neuen Perspektive betrachten“, so Boada. So sollte eine Lösung in der Lage sein, mehrere Best-in-Class-Clouds zu kombinieren und an das bestehende branchenspezifische Ökosystem anzuknüpfen und dieses zu erweitern.

Risikovorbehalte überwinden

Die Abwanderung von Unternehmensinfrastrukturen in die Cloud schreitet unaufhaltsam voran. Daran besteht kein Zweifel. Laut einer Foundry-Studie zum Thema Cloud-Computing von 2022 dürfe der Anteil der Unternehmen, die ihre IT-Infrastruktur größtenteils oder vollständig in die Cloud verlagert haben, bis Ende 2023 um mehr als die Hälfte steigen – von 41 % auf 63 %. Die meisten Unternehmensinfrastrukturen sind zumindest teilweise in der Cloud. Den Anfang haben Vertriebs- und Marketingorganisationen gemacht, die bereits Software-as-a-Service-Lösungen implementiert haben. 

CIOs sorgen sich womöglich, dass sich die Modernisierung einer ERP-Plattform, die ihnen in der Vergangenheit treue Dienste geleistet hat, letztlich nicht rentieren wird. Doch diese Logik ignoriert die Kosten, die durch den Verzicht auf eine Lösung anfallen, die auf lange Sicht anpassungsfähiger ist. 

Fortschrittliche CIOs machen sich den Katalysatoreffekt zunutze, den Cloud-Plattformen bieten. Boada weist darauf hin, dass der Umstieg auf ein modernes ERP nur einer der Aspekte der Transformation ist, die die Cloud ermöglicht. „Es gibt noch weitere Möglichkeiten, Prozesse zu transformieren: der vielfältige Einsatz von Daten für Entscheidungsprozesse, die Implementierung innovativer Technologien wie maschinellem Lernen und die grundlegende Struktur der Cloud-Lösungen, die Anpassungsfähigkeit und Erkenntnisse bietet“, erklärt er. 

Anwendern in Unternehmen bietet eine moderne ERP-Lösung besseren Zugang zu Datenvisualisierungen sowie Reporting- und Analyse-Dashboards, die ihnen helfen, noch fundiertere Entscheidungen zu treffen. Mit einem einheitlichen Datenmodell können Organisationen Daten um wichtige Informationen ergänzen und anhand der wirtschaftlichen Umstände Prognosen treffen. Mit einem modernen Cloud-ERP lässt sich ein Großteil der Fleißarbeit in der Computer- und Netzwerkverwaltung automatisieren. Darüber hinaus ist es mit maschinellem Lernen und anderen KI-Funktionen möglich, Prognosen zu optimieren, Anomalien zu erkennen und Fehler zu vermeiden. 

Die Aussicht, ein so komplexes geschäftskritisches System wie das ERP zu transformieren, schreckt einige CIOs davon ab, Modernisierungsmaßnahmen in Angriff zu nehmen. Für Unternehmen ist es jedoch noch riskanter, den Status quo beizubehalten. Indem sie ihre Ziele stets im Blick behalten, können IT- und Geschäftsleitung gemeinsam ein effektives Konzept für die Zukunft ausarbeiten und sich auf den besten Weg dorthin einigen. 

In nächsten Artikel dieser Reihe geht es um die Bedeutung interner Beziehungen für die erfolgreiche ERP-Modernisierung. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie CIOs wichtige Modernisierungsinitiativen in Angriff nehmen, finden Sie weitere Beiträge zu diesem Thema auf CIO.com.

Weiteres Lesematerial