In der Geschäftswelt bleibt nichts, wie es ist. Doch das Maß an Disruption und Ungewissheit, das Führungskräften im Jahr 2020 entgegenschlägt, ist beispiellos. Schon vor Beginn der COVID-19-Pandemie braute sich ein Sturm zusammen, bedingt durch politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche, ökologische und technologische Faktoren. Diese Makrokräfte stellen gängige Konzepte der Unternehmensführung zunehmend in Zweifel. Auch werfen sie viele Fragen im Hinblick darauf auf, wie der neue Status quo aussehen könnte, wenn sich die Wogen glätten.
Vor diesem Hintergrund sind die Bedenken vieler Unternehmen nachvollziehbar. Wie soll man sich angesichts so vieler Unwägbarkeiten auf die Zukunft vorbereiten? Welche Aufgaben haben Vorrang, wenn es so viele äußere Einflüsse gibt, die das Geschäftsumfeld innerhalb eines Wimpernschlags auf den Kopf stellen können? Wie soll man an seinen Zielen festhalten, wenn der rapide Wandel jeden Moment ohne Vorwarnung einen Kurswechsel erzwingen kann? Wie wir zeigen werden, müssen Unternehmen im Allgemeinen und die Finanzfunktion im Speziellen ihre Geschäftsabläufe grundlegend ändern, wenn sie ihr Gleichgewicht wiederfinden wollen.
Es sollte betont werden, dass diese neue Krise der Unternehmensführung nicht allein eine Folge der COVID-19-Pandemie ist. Der Wandel hat sich schon seit einiger Zeit angekündigt, doch oft braucht es ein einschneidendes Ereignis, das als Katalysator für solch eine grundlegende Wende fungiert. Unternehmen müssen ihre Agilität und Reaktionsfähigkeit einer gründlichen Prüfung unterziehen und ihre Beziehungen zu verschiedenen Interessengruppen überdenken – von den Mitarbeitern über die Kunden bis hin zu den Aktionären. Schließlich müssen sie ihre Pläne und Wachstumsziele auf die Zukunft ausrichten, sich auf den Wandel einstellen und die Tatsache akzeptieren, dass sie in dieser von Ungewissheiten geplagten Welt keine andere Antwort erhalten werden als „Ich weiß es nicht“.
Vielfältige makroökonomische Probleme sorgen für Unsicherheit
Die Liste der äußeren Einflüsse, die Unternehmen unter Druck setzen, ist lang. Aufgrund der Corona-Krise ist eine globale Rezession mit weitreichenden Folgen für Unternehmen weltweit inzwischen sehr wahrscheinlich. Angespannte Handelsbeziehungen zwischen den USA und China sowie Großbritannien und der EU destabilisieren den Markt zusätzlich.
Auch haben uns die jüngsten Waldbrände in Kalifornien und die australischen Buschfeuer von 2019 deutlich vor Augen geführt, dass extreme Wetterbedingungen und Klimaereignisse in Zukunft immer häufiger auftreten werden. Unternehmen kommen nicht umhin, die Auswirkungen dieser Faktoren auf operative Aspekte wie Risikomanagement, Supply Chain und letztendlich auch das Unternehmensergebnis zu untersuchen. Führungskräfte werden von allen Seiten unter Druck geraten, wenn ihre Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit sowie den dafür erforderlichen Praktiken und Prozessen keine zufriedenstellenden Fortschritte vorweisen können. Die Einstufung des Klimawandels als fernes Risiko wird nicht länger standhalten und die CFOs stehen nun in der Verantwortung, ihre Unternehmen durch diese stürmischen Zeiten zu führen.
Gleichzeitig wird der soziale Wandel durch die Entwicklung unserer gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Systeme vorangetrieben. Vor dem Hintergrund des sogenannten Stakeholder-Kapitalismus steigt der Druck auf Führungskräfte, inklusiv, gemeinnützig und nachhaltig zu wirtschaften – ein Wirtschaftsmodell, in dem Gewinne nicht maximiert, sondern optimiert werden und nicht der Gewinn, sondern der Zweck eines Unternehmens über seine Ziele entscheidet.
Mitarbeiter erheben ihre Stimme. Sie wollen für zielorientierte Unternehmen arbeiten, die die Interessen einer Vielzahl von Stakeholdern im Blick haben. Bei dieser Forderung geht es nicht nur um sie selbst. Verbraucher – Privat- ebenso wie Unternehmenskunden – möchten Produkte von Unternehmen kaufen, die beim Umgang mit ihren Mitarbeitern, ihren Kunden und der Umwelt Integrität beweisen. Diese Verbraucher fordern Ehrlichkeit, Transparenz, Fairness und eine bessere Gesamterfahrung.
Dieser Stimmungsumschwung führte Ende 2019 zu einem Business Roundtable Meeting: 181 CEOs, die gemeinsam einen Gesamtanteil von 30 Prozent am Börsenwert der USA haben, erklärten, ihre Unternehmen künftig nicht mehr nur zugunsten der Aktionäre, sondern auch zum Vorteil von Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten und der Gemeinschaft führen zu wollen. Natürlich wurde diese Erklärung in einigen Kreisen mit Skepsis aufgenommen, doch sie markiert einen Wendepunkt, der Teil einer weitaus größeren Bewegung ist, für die sich Investoren und Unternehmensführer wappnen sollten.
Studien belegen, dass Unternehmen mit starker Zweckbindung schneller wachsen, rentabler wirtschaften und ein um 5 bis 7 Prozent besseres Jahresergebnis einfahren als ihre Mitbewerber, obgleich Gewinnmaximierung nicht ihr oberstes Ziel ist. Gleiches gilt für Unternehmen mit erstklassiger Governance und innovativer Ausrichtung.