Angesichts eines turbulenten Jahres voller Veränderungen ist der Bedarf an einer verstärkten unternehmensweiten Digitalisierung deutlich geworden. Doch in einer Studie der Harvard Business Review gaben 92 % der befragten Führungskräfte im Bereich Beschaffung an, dass ihre digitalen Prozesse zu Beginn der Pandemie kein Best-in-Class-Niveau erreicht hätten.
Angesichts dieser digitalen Hürden sahen sich die Beschaffungsteams mit immensen Herausforderungen konfrontiert. So mussten sie beispielsweise mit einer volatilen Nachfrage, unterbrochenen Lieferketten und fragmentierter Zusammenarbeit bei der Telearbeit zurechtkommen, als in mehreren Ländern Homeoffice-Vorschriften erlassen wurden. Plötzlich war es Aufgabe der Beschaffungsabteilung, die Mitarbeiter mit persönlicher Schutzausrüstung zu versorgen, ein diverseres Lieferantenökosystem zu fördern und dabei die Geschäftskontinuität zu erhalten. Gleichzeitig war das Team dafür verantwortlich, Risiken und Kosten für das Unternehmen zu reduzieren.
Zunehmend wurden Beschaffungsteams zu Rate gezogen, wenn es darum ging, wie man mit den Unsicherheiten umgehen sollte. Immer deutlicher zeichnete sich eine neue Rolle für die Beschaffungsfunktion ab. Und während die Beschaffungsabteilung als strategischer Geschäftspartner immer mehr an Bedeutung gewann, veränderte die globale Pandemie – in Verbindung mit dem Social Justice Movement und den weltweiten Umbrüchen – die Rolle der Beschaffung auf dramatische Weise und katapultierte sie in der Unternehmensstrategie ganz nach vorne. Oder, mit den Worten des Journalisten Fareed Zakaria: „Der größte Effekt der Corona-Pandemie ist die Beschleunigung von Trends, die bereits im Gange waren.“
Um mit dieser Trendbeschleunigung Schritt zu halten, müssen Beschaffungsteams in die Lage versetzt werden, ihre Arbeit besser, schneller und intelligenter als je zuvor zu erledigen. In ihrem jüngsten Bericht fordert die Harvard Business Review ein innovatives neues Betriebsmodell und sagt voraus, dass sich die Beschaffung wie folgt entwickeln wird:
Priorisierung von Lieferantenbeziehungen
Die Rolle der Beschaffungsabteilung ist nicht mehr länger darauf beschränkt, nur die Kosten zu senken. Der Aufbau und die Pflege enger Lieferantenbeziehungen spielt für die Erholung von der Krise eine zentrale Rolle. Angesichts einer volatilen Nachfrage, sich ändernder Verbrauchergewohnheiten und dynamischer Märkte waren Lieferantenbeziehungen in der Zeit der Ungewissheit von grundlegender Bedeutung, um Unternehmen auf den Weg der Erholung zu bringen und letztlich zum Erfolg zu führen.
Darüber hinaus waren Beschaffungsteams von Unternehmen, die in Echtzeit mit ihren Lieferanten zusammenzuarbeiteten, besser aufgestellt, kreative Lösungen für Betriebsunterbrechungen zu finden – z. B. verlängerte Zahlungsfristen, neu verhandelte Mindestsätze und für beide Seiten vorteilhafte Verträge.
Lieferanten haben sich nicht nur als wichtiges Instrument zur wirtschaftlichen Erholung bewährt – sie sind auch eine wichtige Ressource für Unternehmen, die sich einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz verschaffen wollen. Unternehmen, die das Potenzial ihrer Lieferantennetzwerke ausschöpfen, können Produktinnovationen vorantreiben, die wiederum den Umsatz steigern. Zum Zweck der Innovationsförderung werden betriebswirtschaftliche Strategien für das Lieferantenmanagement aktuell neu bewertet. In der jüngsten Studie von Harvard Business Review Analytics Services gaben 60 % der befragten Führungskräfte an, dass sie ihre Pläne zur Digitalisierung des Lieferantenmanagements vorantreiben.
Wenn Beschaffungsteams strategisch mit Lieferanten zusammenarbeiten, sind sie besser aufgestellt, Risiken zu minimieren und Wettbewerbsvorteile für das Unternehmen zu generieren. Mithilfe von Technologie sind führende Beschaffungsteams in der Lage, in Echtzeit zusammenzuarbeiten und die Kluft zwischen Lieferanten und Stakeholdern zu überbrücken. Dies hat wiederum einen großen Einfluss auf das gesamte Unternehmen.
Mehr Transparenz durch Automatisierung
Eine weitere wichtige Veränderung in der Unternehmenslandschaft ist die Automatisierung. In einer neuen Studie der Harvard Business Review erklärt Dr. Elouise Epstein, Partnerin bei Kearney, einer weltweit tätigen Unternehmensberatung: „Unsere bisherigen Geschäftsprozesse in der Beschaffung haben ausgedient.“ Und weiter: „Digitale Technologien haben inzwischen ein Niveau erreicht, das eine Automatisierung der meisten Routineaufgaben in diesem Bereich innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre ermöglicht.“ Die zunehmende Automatisierung des Ausgabenmanagements entlastet Beschaffungsteams in allen Branchen zugunsten strategischer Aufgaben, sodass sie bessere Ergebnisse für das Unternehmen erzielen können.
Außerdem setzen Führungskräfte im Bereich Beschaffung auf Automatisierung und Digitalisierung, um ihren Stakeholdern vollständige Transparenz zu bieten. Durch die Zusammenführung ihrer Vertrags-, Lieferanten- und Projektdaten erhalten wichtige Entscheidungsträger in diesem Bereich einen ganzheitlichen Überblick über den gesamten Beschaffungsprozess.