Wie sich Finanzführungskräfte in Europa auf die Zeit nach der Pandemie vorbereiten

Während die COVID-19-Pandemie Momente zum Durchatmen lässt und sich Unternehmen in ganz Europa mit ersten zaghaften Schritte in Richtung Normalität bewegen, geht es nun verstärkt um die Frage, wie sie sich auf die Zukunft vorbereiten können. Finanzführungskräfte bei Workday-Kundenunternehmen sprechen über Resilienz, digitale Transformation und die Erkenntnisse aus der Pandemie.

Niemand kann genau sagen, wann die Corona-Krise überwunden sein wird. Dennoch ist in Europa derzeit laut der Deloitte-Studie „European CFO Survey: Spring 2021“ eine neue Welle des Optimismus und der Investitionsbereitschaft spürbar. Viele Unternehmen „verlagern ihren Fokus von COVID-19 auf die Realität nach der Pandemie“.

Die Finanzführungskräfte in Europa blicken auf 18 turbulente Monate zurück, die mit ihren vielfältigen Herausforderungen die Arbeitsweisen ihrer Unternehmen verändert haben. Für Louis de Miscault, CFO und Performance Director bei ÏDKIDS, einer in Frankreich ansässigen Community für Kinder und Eltern, zählen vertrauensbildende Maßnahmen und eine bessere Transparenz im Hinblick auf die Finanzkennzahlen nun zu den Top-Prioritäten.

„Ein Jahr lang mussten Läden schließen und das ganze Land ging in den Lockdown. Das Thema Cashflow wurde immer wichtiger. Die Leitung der Finanzabteilung steht nun vor der Aufgabe, einen Ausblick auf die langfristige Liquidität zu liefern und Stakeholdern, Aktionären, Partnern und Mitarbeitern zuverlässige Daten bereitzustellen. Ein solides Working Capital Management und Zugriff auf die entsprechenden Daten sind enorm wichtig“, erklärt de Miscault in einem Interview im Rahmen der Studie.

„Wir müssen in puncto digitale Transformation endlich aktiv werden.“

Louis de Miscault Chief Financial Officer and Performance Director ÏDKIDS

Matthew McManus, Group Head of Finance des Softwareunternehmens Kainos mit Sitz in Irland, findet, dass der strategische Umgang mit dem Wandel und der Schutz der Unternehmenskultur nach überstandener Pandemie oberste Priorität haben sollten.

„Wichtig ist, dass wir in diesem sich schnell verändernden Umfeld bestehen. Das bedeutet, dass wir uns auf unsere strategischen Ziele – die Rekrutierung, Entwicklung und Bindung von Spitzenkräften – konzentrieren müssen“, so McManus. „Wir müssen unsere Unternehmenskultur schützen und dafür sorgen, dass neue Mitarbeiterinnen, Absolventen, Berufseinsteigerinnen und Firmenveteranen voll durchstarten können.“ 

Für andere Unternehmen wie die deutsche Direktbank N26 hatte die Pandemie eine Beschleunigung der digitalen Initiativen zur Folge – sowohl aus Kunden- wie auch aus Mitarbeitersicht: „2019 markierte den Höhepunkt unseres extremen Wachstums: Zu diesem Zeitpunkt zählten wir 1.500 Beschäftigte und 7 Millionen Kunden in 25 Märkten“, so Arno Schleussner, Director of Finance bei N26. „Der Lockdown mag andere Sektoren zum Stillstand gebracht haben, bei uns aber war das Gegenteil der Fall. Die Nachfrage nach Online-Banking, insbesondere per Mobilgerät, stieg sprunghaft an – und das nicht nur bei Early-Adopter-Kunden. Für uns bestand die große Herausforderung darin, unseren Innovationszyklus noch einmal zu beschleunigen und unser Produktangebot zu aktualisieren, um die riesige Nachfrage zu bewältigen.“

Vollgas bei der Transformation im Finanzbereich

Wurde die Transformation des Finanzwesens vor der Pandemie noch auf die lange Bank geschoben, so hat sie jetzt Priorität für Finanzführungskräfte. In einer Studie von KPMG hob Patrick Fenton, Leiter des Global Finance Center of Excellence bei KPMG International, die Bedeutung der digitalen Transformation für die moderne Finanzfunktion hervor, insbesondere in Bezug auf Kostensenkungen.

„In der Zeit nach der Pandemie sind Kosten ein wichtiger Treiber. Und Unternehmen sparen Kosten, wenn Aufgaben effizienter erledigt werden“, so Fenton. „Ein problemloser Zugriff auf Daten ermöglicht schnellere wirtschaftlichere Entscheidungen. Gleichzeitig wird auch die Resilienz gefördert.“

McManus von Kainos kommt in der Deloitte-Studie zu einem ähnlichen Schluss. Er glaubt, dass Unternehmen mit einem Digitalisierungsvorsprung die Pandemie besser bewältigen konnten. Dazu führt er Beispiele für die digitale Beschleunigung des Finanzwesens in seinem eigenen Unternehmen an. 

„Unternehmen ohne Digitalisierungsinitiativen dürften in den letzten 18 Monaten das Nachsehen gehabt haben – insbesondere in den ersten Wochen der Pandemie, als die Marktschwankungen am größten waren. Wir arbeiten schon seit einigen Jahren an der Transformation unserer Finanzfunktion. Darum konnten wir unsere Kunden und Belegschaft nahtlos remote unterstützen“, erklärt er. „Das funktionierte dank Workday Financial Management und Workday Adaptive Planning reibungslos – selbst in der unsicheren Übergangsphase. Für viele Unternehmen, die noch nicht in ihre Digitalisierung investiert hatten, war es vermutlich ein Schock, als plötzlich fast nichts mehr ging.“

Atlas Professionals ist ein niederländischer Anbieter von Personalberatungs- und -vermittlungsservices, der überwiegend Kunden aus der Energie- und Schifffahrtsindustrie betreut. Das Workday-Deployment des Unternehmens war in vollem Gange, als die Pandemie ausbrach. Damit wurde es vor die schwierige Entscheidung gestellt, ob das Projekt pausiert oder fortgesetzt wird. André Secrest, Group Controller bei Atlas Professionals, erläutert, warum sie beschlossen, das Transformationsprojekt voranzutreiben.

„Zusammenarbeit sieht bei uns jetzt so aus, dass wir 80 % unserer Zeit damit verbringen, die Ergebnisse zu analysieren. Um die Inputs müssen wir uns nun keine Gedanken mehr machen.“

André Secrest Group Controller Atlas Professionals

„Wir standen vor zwei Problemen: einem starken Anstieg der Ölpreise und dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie, die beide Folgen für unser Geschäft hatten. Dennoch setzten wir das Deployment von Workday fort. Das hatte zwei Gründe. Erstens konnte uns unser altes Finanzsystem nicht die Informationen liefern, die wir forderten und die das Unternehmen benötigte. Zweitens wünschten wir uns Finanzreporting-Funktionen, die uns während der Pandemie unterstützen konnten. Ich freue mich, dass wir die richtige Entscheidung getroffen haben“, betont Secrest.

Schleussner von N26 erläutert, warum es so wichtig ist, die Transformation des Finanzwesens voranzutreiben – nicht nur für die Finanzabteilung, sondern für das gesamte Unternehmen.

„Unser Wunsch war es, als Finanzfunktion die Transformation des gesamten Unternehmens anzuführen und dabei Prozesse, Technologie und kollaborative Arbeitsweisen einzuschließen. In der Hinsicht hat die Transformation des Finanzwesens unser Unternehmen im vergangenen Jahr am nachhaltigsten verändert“, erklärt er.

Zusammenarbeit ist entscheidend für CFOs von morgen

„Die Rolle des CFO setzt heute voraus, CEO und Unternehmen als Partner zu unterstützen“, so Aneel Bhusri, Mitgründer, Co-CEO und Chairman von Workday, kürzlich auf einer Veranstaltung der Fortune CFO Collaborative. Obwohl eine effektive Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung immer wichtiger wird, hat sich die Finanzfunktion damit bisher schwergetan. Warum ist das so?

Secrest von Atlas Professionals beschreibt den Ansatz seines Unternehmens: „Wir haben fünf Finanz-Hubs und bei unserem alten Finanzsystem unterschieden sich deren Arbeitsmethoden leicht. Zusammenarbeit bedeutete im Grunde, miteinander zu telefonieren und nachzufragen, was die Daten eigentlich bedeuteten. Dabei ging jede Menge Zeit verloren. Zusammenarbeit sieht bei uns jetzt so aus, dass wir 80 % unserer Zeit damit verbringen, die Ergebnisse zu analysieren. Um die Inputs müssen wir uns nun keine Gedanken mehr machen“, erklärt er.

McManus, Group Head of Finance bei Kainos, konnte eine ähnliche Entwicklung beobachten. Er sprach über den Wandel der Finanzfunktion vom Transaktionsverwalter zu einem deutlich progressiveren Partner, der Daten exakt dort bereitstellt, wo sie benötigt werden.

„Durch die zunehmende Automatisierung verschiebt sich der Schwerpunkt von der Prozessabwicklung zu Reporting und unternehmensinterner Partnerschaft“, berichtet McManus. „Unsere Aufgabe ist es, Erkenntnisse und Daten für die wachstumsstarken Bereiche des Unternehmens bereitzustellen und eine effektive Zusammenarbeit und Kommunikation zu gewährleisten.“

Die Finanzfunktion als Lieferant wichtiger Erkenntnisse

Niemand kann genau sagen, wie die neue Normalität aussehen wird. Doch viele Finanzführungskräfte haben ihre Unternehmen während der Pandemie als Vorreiter durch Veränderungen navigiert. Was können Unternehmen aus dieser Zeit lernen und welche Ansätze sollten sie jetzt für die Zukunft verfolgen?

„Unser Wunsch war es, als Finanzfunktion die Transformation des gesamten Unternehmens anzuführen und dabei Prozesse, Technologie und kollaborative Arbeitsweisen einzuschließen.“

Arno Schleussner Director, Finance N26

Paul Voisin, Global Transformation Leader bei Veolia, einem in Frankreich ansässigen Unternehmen im Bereich Wasser/Abwasser, Abfallentsorgung und Energieversorgung, weist auf die Bedeutung hin, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Expertise in der Transformation des Finanzwesens zu rekrutieren, die sich leidenschaftlich für dieses Thema einsetzen. Eine optimale Nutzung des Finanzsystems ist nur möglich, wenn es Vorreiter gibt, die das Unternehmen in die richtige Richtung lenken.

„Man braucht Leute, die wirklich an SaaS interessiert sind und umfassende Kenntnisse in diesem Bereich mitbringen. Wir müssen verstehen, was man mit diesen Lösungen alles erreichen kann, denn das Potenzial ist schier unendlich. Außerdem müssen Framework und Prozesse auf die Daten abgestimmt werden, damit ein einheitliches Bild entsteht. Vor allem aber ist ein nachhaltiges Engagement wichtig. Es bringt nichts, die Lösungen für viel Geld anzuschaffen und ihr Potenzial dann ungenutzt zu lassen“, so Voisin bei einer Veranstaltung der Workday Elevate.

De Miscault von ÏDKIDS gibt anderen CFOs einen klaren Rat: Jetzt ist die Zeit, zu handeln. 

„Wir müssen in puncto digitale Transformation endlich aktiv werden. Aufgabe der CFOs ist es heute mehr denn je, den übrigen Unternehmensbereichen einen Kurs vorzugeben. Wir befinden uns in der Position, die Sichtweise auf Daten sowie deren Nutzung zu transformieren. Das Gleiche gilt im Hinblick auf die Automatisierung wichtiger Prozesse, um die Reaktionsfähigkeit und Effizienz noch zu steigern“, so de Miscault weiter. „Ich sehe den CFO als Co-Piloten, der anderen Führungskräften hilft, bei Risiken einen Gang herunterzuschalten und Gas zu geben, wenn der Weg frei ist.“

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