CFOs möchten Talentlücken im Finanzwesen durch KI und ML schließen

Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) könnten im Finanzwesen dazu führen, dass Automatisierung verstärkt eingesetzt wird und neue Wertschöpfungsmethoden für das Unternehmen entstehen. Ein aktueller Webcast von Fortune zeigt nun, welche Chancen sich durch die neuen Technologien bieten.

Durch künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) lassen sich in den einzelnen Unternehmensbereichen möglicherweise ungeahnte Effizienzvorteile erzielen. Da überrascht es nicht, dass diese Technologien die Aufmerksamkeit derjenigen auf sich gezogen haben, die sich auf eine Zukunft vorbereiten wollen, die sich immer deutlicher abzeichnet. 

Auch bei der digitalen Transformation ergeben sich durch KI und ML eine Vielzahl von Möglichkeiten für Unternehmen – insbesondere im Finanzbereich.

„Die Finanzfunktion läuft Gefahr, im Bereich KI und Automatisierung und sogar in der konventionellen Analytik zum echten Nachzügler zu werden“, so Tom Davenport, Autor von All in on AI: How Smart Companies Win Big With Artificial Intelligence, Professor am Babson College mit besonderer Würdigung des Präsidenten, Fellow bei der MIT Initiative for the Digital Economy und Visiting Professor an der Saïd Business School, University of Oxford.

In einem aktuellen Webcast, moderiert von Fortune und gesponsert von Workday, spricht Davenport mit Vanessa Kanu, CFO bei TELUS International, Katie Rooney, CFO bei Alight Solutions, und Philippa Lawrence, Vice President und Chief Accounting Officer bei Workday, darüber, wie es Unternehmen in der Praxis gelungen ist, Talentlücken im Finanzwesen durch die Nutzung moderner Technologien zu schließen. 

Laut Davenport sind HR-Abteilungen „beim Thema prädiktive Analysen und Machine Learning den Finanzabteilungen weit voraus“, so das Ergebnis einer Umfrage, die er vor einigen Jahren durchgeführt hat. 

Er betonte jedoch, dass bestehende Technologien bei allem transformativen Potential von KI und ML das Personal zugunsten übergeordneter Aufgaben entlasten können. Seiner Ansicht nach wird Technologie das Personal nicht einfach ersetzen.

„KI ist in der Regel ein aufgabenorientiertes Hilfsmittel. Es ist kein Ersatz für ganze Stellen oder gar Geschäftsprozesse“, so sein Resümee. „Um eine große Wirkung zu erzielen, muss man mehrere kleine Anwendungsfälle implementieren und diese quasi aufeinander stapeln.“ 

Finanzorganisationen haben laut Davenport auch begonnen, KI- und ML-Anwendungsfälle zu untersuchen, um die Auswirkungen von Bereichen wie Kundenservice und Weiterbildung auf das Finanzergebnis zu beurteilen und ihren Mehrwert für das Unternehmen zu quantifizieren.

So kommt Automatisierung bereits im Auditwesen zum Einsatz, um Verträge auf Obligos zu untersuchen und die Leistung zu messen. Er fügte hinzu, dass CFOs und Auditoren das Endprodukt nach wie vor überprüfen und die Endergebnisse gegenzeichnen müssen. „Diesen Schritt werden wir niemals einem KI-System überlassen. Das würde ganz einfach nicht gehen“, so Davenport weiter. 

Er wies darauf hin, dass KI und ML nach wie vor probabilistische Funktionen sind. „Machine Learning basiert grundsätzlich auf Statistiken und statistischen Prognosen“, erklärte er. „Wirklich wichtige Entscheidungen, von denen viel abhängt, müssen immer noch von Menschen getroffen werden.“

ChatGPT mag in den letzten Monaten die Schlagzeilen beherrscht haben, doch die größten durch Technologie ermöglichten Gewinne für Unternehmen werden in naher Zukunft wahrscheinlich aus der Automatisierung von Routineaufgaben resultieren. „Aus der robotergesteuerten Prozessautomatisierung (RPA) ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten im Zusammenhang mit Finanztätigkeiten, die relativ strukturiert und vorhersehbar sind – Tätigkeiten, bei denen es darum geht, Informationen aus einem in ein anderes System zu übertragen“, so Davenport. „Für diese Szenarien ist die Technologie sehr nützlich.“ 

 

 

Implementierung einer soliden, KI-gestützten Datengrundlage

„KI und die daraus resultierenden Erkenntnisse sind nur so gut wie die zugrunde liegenden Daten“, sagte Rooney und fügte hinzu, dass die Pflege einer soliden Datengrundlage für Alight Solutions eine Priorität darstellt. Der im US-Bundesstaat Illinois ansässige Anbieter für HR-Technologie und -Services zählt 70 % der Fortune-100-Unternehmen zu seinen Kunden. „Unser erster Schwerpunkt lag auf der Optimierung der Dateninfrastruktur“, erklärte sie. „Wir haben sämtliche Systeme – Finanzen, HR und regionale Systeme – in Workday zusammengeführt. Das hat uns geholfen, eine gemeinsame Basis für die Teams zu schaffen.“

Diese Datengrundlage ist für klare, datengestützte Entscheidungsprozesse von entscheidender Bedeutung. „Unsere Strategie zielt darauf ab, eine einheitliche Datenquelle zu schaffen, die über das Finanzwesen hinausgeht“, so Rooney. „Sie muss möglichst viele weitere Unternehmensbereiche umfassen.“

„Unsere Strategie zielt darauf ab, eine einheitliche Datenquelle zu schaffen, die über das Finanzwesen hinausgeht. Sie muss möglichst viele weitere Unternehmensbereiche umfassen.“

Katie Rooney Chief Financial Officer Alight Solutions

Wie KI und ML die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unterstützen können

Laut Kanu verfolgt TELUS International mit seiner Automatisierungsstrategie das Ziel, die Mitarbeiter zu unterstützen: „Wir versetzen sie in die Lage, effizienter zu arbeiten und sich auf anspruchsvollere und sinnvollere Aufgaben zu konzentrieren.“ TELUS ist ein kanadisches Technologieunternehmen, das IT-Dienste und digitale Lösungen der nächsten Generation anbietet. In dem Unternehmen kommt beispielsweise ein HR-Bot zum Einsatz, der mehr als die Hälfte aller Mitarbeiteranfragen bearbeitet, sodass das Team zugunsten wichtigerer Funktionen entlastet wird. 

„Es ist unsere Aufgabe, weltweit hochqualifizierte, talentierte Teammitglieder einzustellen, um die Anforderungen unserer Kunden zu erfüllen“, so Kanu. Technologie hat dem Unternehmen dabei geholfen, Recruiting-Prozesse zu beschleunigen, globale Talentpools zu erschließen und die Motivation der Bewerber zu steigern. In einer Zeit, in der Buchhaltungsfachkräfte rar sind, können Recruiting- und Bindungsinitiativen durch KI und ML ihrer Meinung nach verbessert werden. 

„Wir stellen Hochschulabsolventen ein. Wir stellen Persönlichkeiten ein, die wirklich etwas im Kopf haben, und dann degradieren wir sie zu Excel-Äffchen“, so Kanu. „Nichts gegen Excel. Es ist großartig, jedoch stellt das nicht den größten Mehrwert dar, den unsere Teammitglieder insbesondere im Bereich Finanzen und Buchhaltung schaffen können.“

Laut Kanu besteht die Chance, Buchhaltungs- und Finanzfachkräfte durch Verbesserung der Mitarbeitererfahrung weiterzuentwickeln, sodass sie Routineaufgaben zugunsten strategischer Arbeit aufgeben und die Partnerschaft mit anderen Bereichen im Unternehmen ausbauen. Zellen in einer Tabelle zu bearbeiten, fügte sie hinzu, spricht die intellektuellen Fähigkeiten der Mitarbeiter nicht an. Automatisierung durch KI und ML kann hier Abhilfe schaffen.

„Ich sehe das als meinen persönlichen Auftrag, denn durch die Automatisierung werden unsere Teammitglieder zu echten Werttreibern“, erklärte sie. „Wir alle wollen schließlich etwas bewirken.“

„Bei unserer mitarbeiterorientierten KI- und ML-Strategie fungieren Maschinen als Kollegen, nicht als Ersatz.“

Philippa Lawrence Vice President und Chief Accounting Officer Workday-

Die Auswirkungen der Automatisierung auf Tätigkeitsprofile

Rooney glaubt, dass die Automatisierung die Führungskräfte in Finanzabteilungen dazu veranlassen wird, ihre Konzepte beim Talentmanagement zu überdenken. Sie verwies auch auf die möglichen Auswirkungen der KI- und ML-Technologie in Hinblick auf externe Mitarbeiter. Sie betonte jedoch, dass das Ziel nicht darin besteht, Mitarbeiter durch Automatisierung auf internationaler Ebene zu ersetzen. „Es geht vielmehr darum, die Standardisierung je nach Rolle und Prozess so zu maximieren, dass wir alltägliche Aufgaben möglichst effizient erledigen können.“

Doch der Bedarf an Mitarbeitern wird laut Rooney nach wie vor hoch sein, wenn es darum geht, die Auswirkungen datengestützter Entscheidungen auf Kunden und Kulturen zu evaluieren. „Was auch immer das Modell heute besagt – morgen kann die Sache schon wieder ganz anders aussehen“, fügte sie hinzu. „Dieser menschliche Aspekt ist in Bezug auf die Interpretation und praktische Umsetzung von Ergebnissen von entscheidender Bedeutung.“

Auch bezweifelt Kanu, dass KI menschliche Intelligenz obsolet machen wird. „Wir alle werden schlicht die Erfahrung machen, dass sich unsere Tätigkeit im Laufe der Zeit verändern wird“, erklärte sie. „Alle Tätigkeiten, die komplexes Denken voraussetzen und bei denen es um Beziehungsaufbau, Zeit mit Investoren und wichtigen Stakeholdern sowie den Umgang mit dem Vorstand geht, erfordern Kompetenzen, die sich durch Automatisierung so schnell nicht ersetzen lassen.“

„Ich sehe das als meinen persönlichen Auftrag, denn durch die Automatisierung werden unsere Teammitglieder zu echten Werttreibern.“

Vanessa Kanu Chief Financial Officer TELUS International

Führung durch technologischen Wandel

„Bei unserer mitarbeiterorientierten KI- und ML-Strategie fungieren Maschinen als Kollegen, nicht als Ersatz.“ Mit dieser Aussage gewährte Lawrence einen Einblick in das KI-Konzept von Workday

Lawrence fragte die Finanzführungskräfte auch, wie sie bei der Implementierung von KI und ML mit ihrem Team zusammengearbeitet haben.

„Grundsätzlich sollte Technologie ein Werkzeug sein, das uns hilft, anders zu arbeiten, Erkenntnisse auf neue Art aufzubereiten und Kapazitäten zu schaffen, um auf neue Weise mit unseren Teams im Unternehmen zusammenzuarbeiten“, so Rooney. „Veränderungen sind schwer, vor allem im Finanzwesen, doch wenn man den Mitarbeitern vor Augen führt, wie sie von den neuen Arbeitsmethoden profitieren, steigt die Akzeptanz. Mir persönlich hat es geholfen, einfach loszulegen und mir selbst und anderen zu beweisen, was mit den neuen Tools alles möglich ist.“

Kanu merkte an, dass das Tempo des Wandels überwältigend sein kann, insbesondere angesichts des derzeitigen Wirbels um generative KI und Anwendungen wie ChatGPT. Daher hält sie es für sinnvoll, klein anzufangen.

„Man sollte sich auf die wichtigsten Anwendungsfälle für das Unternehmen und die Branche konzentrieren und auf dieser Basis nach und nach weitere Kenntnisse entwickeln“, so ihre Empfehlung. „Wir versuchen nicht, unsere Finanzabteilung in ein Expertenteam für Digitales zu verwandeln. Aus den Mitarbeitern werden in naher Zukunft keine IT-Fachkräfte oder App-Entwickler, auch wenn das vielleicht irgendwann in Zukunft der Fall sein könnte. Aber wenn man diesen Prozess Schritt für Schritt in Angriff nimmt, kann sich das Team leichter darauf einstellen.“

Kanu fügte hinzu, dass ihre Finanzorganisation gerade ein Team zusammenstellt, dessen Aufgabe es ist, den Transformationsprozess möglichst reibungslos zu gestalten und dafür zu sorgen, dass von den vorhandenen Automatisierungstools mehr Gebrauch gemacht wird. „Es gibt zwar Scheu vor Veränderungen, doch ich habe die Erfahrung gemacht, dass letztendlich allen daran gelegen ist, ihre Arbeit zu vereinfachen“, erklärte sie. „Das größte Hindernis ist in der Regel die Zeit.“

Sehen Sie sich den gesamten Fortune Emerging CFO Webcast mit dem Titel „Addressing the Talent Gap With Advanced Technologies“ an.

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