80 % der Unternehmensdaten bleiben ungenutzt – und das ist ein Milliardenproblem

Vier von fünf Unternehmensdaten in Deutschland bleiben ungenutzt – und damit ungenutztes Potenzial in Milliardenhöhe. Dieser Artikel zeigt, warum unstrukturierte Daten zur strategischen Last werden, wie künstliche Intelligenz den Wandel ermöglicht und welche Schritte Unternehmen jetzt gehen müssen, um den Anschluss an die Datenökonomie nicht zu verlieren.

Anja Fordon 24. Juli 2025
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Es ist eine Zahl, die in ihrer Wucht kaum zu überschätzen ist: Rund 80 % der Daten, die Unternehmen in Deutschland erzeugen, sammeln oder speichern, werden nie genutzt. Sie verschwinden in Silos, verstauben in Archiven oder liegen als unstrukturierte Text-, Audio- oder Sensordaten brach – ohne jemals in Entscheidungen, Innovationen oder neue Geschäftsmodelle einzufließen. Was abstrakt klingt, hat konkrete Folgen: Milliarden an potenzieller Wertschöpfung gehen Jahr für Jahr verloren.

Dabei ist es nicht die Masse der Daten, die fehlt. Es ist der Zugang. Die Übersetzung in Handlung. Der Wille, das Rohmaterial in strategische Intelligenz zu verwandeln.

Im Jargon der Datenökonomie hat sich für diese ungenutzten Bestände ein passender Begriff etabliert: „Dark Data“. Wie dunkle Materie im Universum sind sie überall – aber ohne sichtbare Wirkung. Sie entstehen bei alltäglichen Geschäftsprozessen, im Kundendienst, in Maschinenparks, bei Sensoren oder medizinischen Geräten. Doch weil sie weder strukturiert noch analysiert werden, bleiben sie unsichtbar. Ihre Speicherung verursacht Kosten, ihre Existenz birgt Risiken, ihr Potenzial bleibt ungenutzt.

Dass 80 % der Unternehmensdaten ungenutzt bleiben, ist längst keine Einzelmeinung mehr. Institute wie Gartner, IDC, Bitkom und Fraunhofer bestätigen den Trend. Die meisten dieser Daten sind unstrukturiert – schwer zugänglich, schwer vergleichbar, schwer verwertbar. Und gerade deshalb werden sie häufig einfach ignoriert.

Was diese Daten kosten – und was sie kosten könnten

Die wirtschaftlichen Schäden dieser Vernachlässigung sind messbar. Allein in der deutschen Industrie könnten durch bessere Datennutzung jährlich bis zu 95 Milliarden Euro zusätzlich erwirtschaftet werden. Gleichzeitig entstehen Kosten durch Datenpannen, die sich im Durchschnitt auf 4,3 Millionen Euro pro Vorfall belaufen. Besonders teuer sind Vorfälle, bei denen sogenannte Shadow Data betroffen sind – jene Daten, die weder inventarisiert noch kontrolliert werden. Sie verursachen 16 % höhere Kosten als andere Datenlecks.

Die Rechnung ist einfach: Wer Daten aufbewahrt, ohne sie zu nutzen, zahlt doppelt. Für Speicherung und für entgangene Wertschöpfung.

Nur 6 % geben an, das Potenzial ihrer Daten voll auszuschöpfen.

Die stillen Kosten der Inaktivität

Wirklich gefährlich ist jedoch, was durch die Nichtnutzung verloren geht: Wissen über Kundenbedürfnisse. Einblicke in Prozesse. Hinweise auf Trends. Frühwarnsysteme für Risiken. Daten, die nicht fließen, lassen Unternehmen erblinden – strategisch, operativ, organisatorisch.

Und es geht nicht nur um Effizienz. Es geht um Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Vertrauen. Im Gesundheitswesen zum Beispiel kann der Verlust oder die fehlende Integration von Patientendaten im schlimmsten Fall die Versorgung gefährden. In der Industrie verlangsamt unzureichende Echtzeitanalyse von Produktionsdaten die Umsetzung von Industrie 4.0. Und im Finanzwesen erhöhen veraltete und redundante Datenbestände das Risiko von Regelverstößen und Cyberangriffen.

Warum ausgerechnet Deutschland?

Die Ursachen für dieses milliardenschwere Datenproblem sind komplex – und typisch deutsch. Fragmentierte IT-Landschaften. Historisch gewachsene Silos. Eine Datenschutzkultur, die eher schützt als aktiviert. Fachkräftemangel, der die digitale Transformation verlangsamt. Und eine Zurückhaltung gegenüber Veränderung, die sich tief in viele Unternehmensstrukturen eingeschrieben hat.

Zwar erkennen viele Unternehmen die Relevanz von Daten – nutzen sie aber kaum strategisch. Nur 6 % geben an, das Potenzial ihrer Daten voll auszuschöpfen. Datengetriebene Geschäftsmodelle tragen nur bei 2 % wesentlich zum Unternehmenserfolg bei. Das ist nicht nur eine verpasste Chance. Es ist ein struktureller Wettbewerbsnachteil.

Datenmonetarisierung: Kein Buzzword, sondern Wachstumsmarkt

Dass es auch anders geht, zeigen Entwicklungen im Markt für Datenmonetarisierung. Prognosen zufolge wächst dieser in Deutschland bis 2027 jährlich um über 6 % – getrieben durch Investitionen in digitale Infrastrukturen und Cloud-Technologien. Rechenzentren, etwa von Google in Frankfurt oder Berlin, bilden das Rückgrat dieser Entwicklung. Und sie sind nur sinnvoll, wenn Unternehmen Daten nicht nur speichern, sondern auch nutzen.

Künstliche Intelligenz spielt dabei eine Schlüsselrolle. Sie ermöglicht es, unstrukturierte Datenmengen auszuwerten, Muster zu erkennen, Entscheidungen zu beschleunigen. Unternehmen, die KI gezielt einsetzen, profitieren – messbar. Bei Datenpannen liegen die Kosten bei ihnen im Schnitt fast zwei Millionen Euro niedriger als bei Unternehmen ohne KI-gestützte Cybersicherheit.

Die gute Nachricht: Die Lösungen liegen längst auf dem Tisch. Unternehmen müssen nicht auf neue Technologien warten – sie müssen sie einsetzen. Der erste Schritt ist dabei nicht technischer, sondern kultureller Natur: Daten müssen als strategische Ressource verstanden und behandelt werden.

Dazu gehört eine Datenstrategie, die nicht als IT-Projekt, sondern als Geschäftsprinzip gedacht wird. Klare Verantwortlichkeiten. Standards für Datenerhebung, -pflege und -nutzung. Und ein Bewusstsein dafür, dass Data Governance nicht nur Bürokratie bedeutet, sondern Effizienz, Sicherheit und Entscheidungsqualität.

 Aktuell geben 44 % der Unternehmen an, Innovationsprojekte aufgrund regulatorischer Unsicherheit gestoppt zu haben.

Pilotprojekte helfen, den Einstieg niedrigschwellig zu gestalten. Kleine, abgrenzbare Use Cases zeigen schnell, was möglich ist – und überzeugen auch skeptische Fachbereiche. Besonders wirksam ist dieser Ansatz dort, wo Daten bereits in großer Menge entstehen: in der Produktion, im Kundenservice, in der Logistik.

Die Verantwortung liegt aber nicht allein bei Unternehmen. Auch die Politik ist gefragt. Wenn Datenschutz nicht als Innovationsbremse, sondern als Standortvorteil wirken soll, braucht es klare, praxisnahe Rahmenbedingungen. Aktuell geben 44 % der Unternehmen an, Innovationsprojekte aufgrund regulatorischer Unsicherheit gestoppt zu haben. Fast die Hälfte empfindet die DSGVO als Standortnachteil.

Zugleich fehlen Fachkräfte, die Datenprojekte umsetzen können. Investitionen in digitale Bildung, in Weiterqualifizierung, in Schnittstellen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sind daher ebenso nötig wie gezielte Förderprogramme für datengetriebene Projekte – insbesondere im Mittelstand.

Datenräume: Mehr als ein Infrastrukturthema

Eine besondere Rolle spielen sogenannte Datenräume – also Infrastrukturen für den sicheren, standardisierten Datenaustausch. Noch sind sie wenig verbreitet. Nur 11 % der Unternehmen nutzen sie aktiv. Doch ihr Potenzial ist enorm: Für die Optimierung von Lieferketten, die Erfüllung von Transparenzpflichten, für neue Geschäftsmodelle.

Initiativen wie GAIA-X zeigen, wie europäische Datenökosysteme aussehen könnten. Offen, interoperabel, sicher. Ihre breite Akzeptanz wird entscheidend dafür sein, ob Deutschland den Anschluss an die globale Datenwirtschaft findet – oder im Dickicht der eigenen Systeme stecken bleibt.

Daten sind kein Selbstzweck. Sie entfalten ihren Wert erst, wenn sie fließen. Wenn sie Entscheidungen verbessern, Prozesse optimieren, Innovation ermöglichen. Wer sie ignoriert, verspielt Chancen. Wer sie erschließt, gestaltet Zukunft.

Die oft zitierte Zahl von 80 % ungenutzter Unternehmensdaten ist keine exakte Messgröße, sondern ein Signal. Sie steht für ein strukturelles Defizit – und zugleich für ein riesiges Potenzial. Denn hinter jeder Zahl, die nicht analysiert wird, steckt eine Erkenntnis, die nicht gewonnen wird. Und hinter jedem nicht genutzten Datensatz eine Entscheidung, die besser hätte ausfallen können.

Der Weg zu einer datenbasierten Wirtschaft ist kein Sprint. Er beginnt mit einer Haltung – und setzt sich fort mit Infrastruktur, Kompetenzen und klaren Regeln. Wer heute investiert, schafft sich nicht nur einen Vorsprung. Er sichert die eigene Zukunftsfähigkeit – und die Wettbewerbsfähigkeit eines ganzen Landes.

Workday unterstützt Unternehmen weltweit dabei, ihre Daten zu aktivieren – mit integrierten Lösungen für Planung, Analyse und Entscheidungsfindung.

Wer jetzt die richtigen Weichen stellt, schafft sich die Grundlage für mehr Klarheit, mehr Agilität – und eine Zukunft, in der Daten nicht brachliegen, sondern wirken.

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