Welche Berufe werden durch KI ersetzt – und welche nicht

Welche Jobs übernimmt KI wirklich – und welche nicht? Dieser Beitrag räumt mit Mythen auf und zeigt, welche Tätigkeiten in Deutschland verschwinden, welche sich verändern und wo menschliche Fähigkeiten unersetzlich bleiben. 

Anja Fordon 17. Juni 2025
welche berufe werden durch ki ersetzt?

Von KI wird viel gesprochen. Meist mit großen Worten: Disruption. Jobkiller. Wunderwaffe. Die Wahrheit liegt wie so oft dazwischen. In Deutschland stehen wir vor einem tiefgreifenden Wandel der Arbeitswelt. Aber nicht jede Veränderung ist ein Verlust. Und nicht jede Automatisierung ist gleichbedeutend mit dem Ende eines Berufs.

Die Realität ist: KI verändert Arbeit. Sie ersetzt sie nicht pauschal. Manche Aufgaben verschwinden, viele wandeln sich. Und manche gewinnen sogar an Wert.

Zwischen Angst und Aufbruch

Die Debatte ist oft von Extremen geprägt. Auf der einen Seite: die Angst vor Massenarbeitslosigkeit. Auf der anderen: das Versprechen einer effizienteren, gerechteren Arbeitswelt. Tatsächlich zeigen die Daten ein differenziertes Bild. Nur 11 % der deutschen Jobsuchenden erwarten negative Folgen für ihre Karriere durch KI. Fast 60 % sehen sogar Vorteile. Diese Zuversicht ist bemerkenswert – zumal die UN warnt, dass weltweit bis zu 40 % aller Jobs betroffen sein könnten.

Warum also die deutsche Gelassenheit? Vielleicht, weil hierzulande stark in berufliche Weiterbildung investiert wird. Vielleicht auch, weil viele Unternehmen KI nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung menschlicher Fähigkeiten verstehen. Das ist ein entscheidender Unterschied.

Drei Arten von KI – drei Arten von Veränderung

Was „die KI“ kann, ist nicht einheitlich. Es geht um verschiedene Technologien mit unterschiedlichen Effekten.

1. Generative KI (z. B. ChatGPT):
Sie erstellt Texte, analysiert Daten, schreibt Codes. Besonders betroffen: klerikale Berufe und administrative Tätigkeiten. Aber auch hochqualifizierte Jobs – etwa in den Medien oder in der Softwareentwicklung – spüren den Wandel. Die KI nimmt ihnen nicht den Job. Sie verändert ihn. Programmierer werden zu Systemarchitekten. Berichterstattung wird schneller, analytischer, datengetriebener.

2. Robotic Process Automation (RPA):
Sie übernimmt regelbasierte, repetitive Aufgaben – etwa im Finanzwesen oder HR. Aber auch hier gilt: Die Jobs verschwinden nicht, sie verlagern sich. Wer früher Daten eintippte, analysiert heute Prozesse. RPA entlastet – vorausgesetzt, Unternehmen schaffen neue Aufgabenräume.

3. Maschinelles Lernen (ML):
Es erkennt Muster, trifft Vorhersagen, lernt aus Erfahrung. Vor allem in der Datenanalyse verändert ML die Arbeit grundlegend. Viele Einstiegsjobs in diesem Bereich werden ersetzt. Gleichzeitig entsteht mehr Bedarf an Fachkräften, die erklären, was Algorithmen eigentlich tun – und was nicht.

Wer ist wirklich betroffen?

Nicht ganze Berufsgruppen verschwinden. Es sind Aufgaben innerhalb von Jobs, die anfällig für Automatisierung sind. Besonders gefährdet sind Tätigkeiten, die…

  • repetitiv sind

  • klaren Regeln folgen

  • kaum Kontextwissen erfordern

Beispiele:

  • Klerikale Berufe wie Buchhaltung oder Datenerfassung

  • Kundenservice, wenn er sich auf Routineanfragen beschränkt

  • Transport & Logistik, durch autonomes Fahren und Drohnen

  • Einstiegsjobs in der Datenanalyse

  • Einfache Programmierung oder Dashboard-Erstellung

 

  • Marktforschung und Vertrieb auf Einsteigerniveau
  • und andere standardisierte manuelle Tätigkeiten

 

Auffällig ist: Die meisten dieser Tätigkeiten lassen sich klar beschreiben und wiederholen sich oft. Sie sind standardisierbar – und damit auch automatisierbar.

Und wer ist sicher?

Sicher ist niemand. Aber manche Aufgaben bleiben menschlich – zumindest vorerst. Dazu zählen…

  • Arbeiten mit hoher sozialer Interaktion (Pflege, Beratung, Bildung)

  • Tätigkeiten in unstrukturierten Umgebungen (Bau, Handwerk, Außendienst)

  • Kreative und strategische Aufgaben, die Einfühlungsvermögen oder Urteilskraft erfordern

  • Jobs mit ethischer Verantwortung oder rechtlicher Bewertung (Richter, Ärztin, Compliance)

Die Unterscheidung verläuft also nicht zwischen „kognitiv“ und „manuell“. Sondern zwischen „routiniert“ und „adaptiv“. Es kommt nicht auf die Berufsbezeichnung an, sondern auf den Charakter der Tätigkeit.

Augmentierung statt Ersatz

Ein zentraler Punkt: Viele Jobs werden nicht ersetzt, sondern verändert. Das nennt man „Augmentierung“. Die KI übernimmt die Routinen – der Mensch die Ausnahmen, die Strategie, die Kommunikation. Das ist anspruchsvoller. Und es erhöht den Druck.

Wer heute KI nutzt, hat oft mehr Verantwortung, mehr Termine, mehr Informationsflut. Das ist nicht immer eine Erleichterung. Es braucht neue Kompetenzen: im Umgang mit Tools, aber auch im Umgang mit Stress.

Auch akademische Jobs stehen nicht still

Früher galten akademische Berufe als sicher. Heute nicht mehr. Zwar sind sie seltener vollständig automatisierbar. Aber viele Teilaufgaben sind es. Ein Beispiel: Juristen müssen weiterhin argumentieren und urteilen. Aber erste Entwürfe, Recherchen und Standardtexte kann KI schneller liefern.

Ähnlich in der Medizin. Die Diagnose bleibt menschlich – aber Bildauswertung oder Dokumentation? Hier ist KI oft präziser und schneller. Wer also meint, ein Studium allein schützt vor Automatisierung, irrt. Es kommt auf die Kombination an: Fachwissen, digitale Kompetenz, ethisches Urteilsvermögen.

Die Rolle von Weiterbildung

Ohne Lernen geht es nicht. 85 % der Arbeitgeber in Deutschland wollen laut Studien in interne Weiterbildung investieren. Denn fast 40 % der heute gefragten Kompetenzen werden bis 2030 veraltet sein.

Gefragt sind zwei Arten von Fähigkeiten:

  • Technische Skills: Datenanalyse, KI-Verständnis, Programmieren, Cybersicherheit

  • Dauerhafte Fähigkeiten: kritisches Denken, Kreativität, Teamarbeit, Anpassungsfähigkeit

Interessant ist: Formale Abschlüsse verlieren an Bedeutung.

Gefragt sind nachweisbare Fähigkeiten – egal ob über Bootcamps, Micro-Zertifikate oder Learning on the Job. Lernen wird lebenslang. Und modular.

Wer hat Zugang – und wer nicht?

Ein Problem bleibt: Der Zugang zu KI und Weiterbildung ist ungleich verteilt.

  • Frauen sind häufiger in klerikalen Berufen tätig – also stärker gefährdet. Gleichzeitig nutzen sie KI deutlich seltener als Männer.

  • Ältere Mitarbeitende greifen weniger auf KI-Tools zurück als Jüngere.

  • Weniger Gebildete haben oft keinen Zugang zu passenden Weiterbildungen.

Hier droht eine neue digitale Kluft – nicht zwischen Mensch und Maschine, sondern zwischen jenen, die KI nutzen, und jenen, die es nicht tun (können). Wer Zugang hat, profitiert. Wer nicht, fällt zurück.

Fallbeispiele aus Deutschland

Viele deutsche Unternehmen nutzen KI – mit unterschiedlichen Folgen.

Industrie:
Die Automobilbranche investiert stark in autonomes Fahren und Prozessautomatisierung. Siemens, BMW, Bosch – sie alle setzen auf KI. Doch auch hier zeigt sich: Es geht nicht nur um Technologie. Wenn Märkte schrumpfen, fallen Jobs weg – trotz KI. Produktivität hilft, aber ersetzt keine strategische Orientierung.

Dienstleistung:
Im Kundenservice hat eine IAB-Studie gezeigt: KI-gestütztes Training macht neue Mitarbeitende schneller besser. Die Zufriedenheit steigt. Aber zwei von zehn fühlten sich stärker überwacht. Auch das gehört zur Wahrheit.

Mittelstand:
Hier wächst der Einsatz von ChatGPT und anderen Tools. Doch der Zugang ist oft noch begrenzt. Viele Manager sind optimistisch – aber nur ein Drittel will allen Mitarbeitenden Zugang zur KI geben. Das reicht nicht.

Die Zukunft liegt im Zwischenraum

KI wird nicht alles ersetzen. Aber sie verändert alles – Schritt für Schritt. Die Berufe, die bleiben, sehen anders aus. Und sie verlangen mehr. Mehr Können. Mehr Denken. Mehr Menschlichkeit.

Was wir jetzt brauchen, ist ein realistischer Blick. Kein Alarmismus. Aber auch keine Technikromantik. Es geht darum, KI aktiv zu gestalten – mit Bildung, Regulierung und mutigen Unternehmen.

Wer sich früh mit KI beschäftigt, sie versteht und sinnvoll einsetzt, hat bessere Karten. Wer menschliche Fähigkeiten stärkt – Kommunikation, Ethik, Kreativität – wird gebraucht bleiben.

Und wer Systeme so baut, dass sie Menschen stärken, nicht ersetzen, schafft nicht nur produktivere, sondern auch gerechtere Arbeit.

Entdecken Sie, wie die innovativen Lösungen von Workday Ihnen helfen können, sich in der sich entwickelnden KI-gestützten Arbeitswelt zurechtzufinden und Ihre Belegschaft für die Zukunft sicher zu machen.

Verlinktes Bild zu KI-IQ Studie von Workday

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