Wie IT-Führungskräfte den Business Case für die Nutzung von Cloud Computing unterstützen können

Beim Business Case für den Wechsel zur Cloud kommt es oft darauf an, starke Partnerschaften zur Unternehmensführung und internes Vertrauen aufzubauen. Christoph Frank, Head of Process and Technology Solutions and Strategy bei LGI, spricht über den Übergang zur Cloud in seiner Organisation und darüber wie Unternehmen ihren ROI bewerten sollten.

Wie sollten IT-Führungskräfte auf andere Mitglieder der Unternehmensführung zugehen, um sie von der Cloud zu überzeugen? Christoph Frank, Head of Process and Technology Solutions and Strategy bei LGI, erklärt, warum es wichtig ist, Vertrauen zu schaffen und weshalb der Nutzen der Cloud weit über den anfänglichen ROI hinausgeht.

Können Sie vielleicht zunächst ein wenig zu Ihrem eigenen Hintergrund, zu Ihrem Werdegang und Ihrer derzeitigen Funktion bei LGI sagen?

Ich bin gegenwärtig als Head of Process and Technology Solutions and Strategy bei LGI tätig. Prozesse und IT sind bei uns zusammengelegt, daher umfasst meine Funktion mehrere Verantwortungsbereiche. Ich verantworte die gesamte IT-Abteilung und leite ein kleines Digitalisierungsteam. Außerdem manage ich unser Prozess- und Werksplanungsteam und unsere Learning Academy. Das ist also meine aktuelle Funktion: Insgesamt stehe ich etwa 90 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vor. 

Davor war ich drei Jahre lang bei einem großen Lastwagen- und Bushersteller tätig. Dort verantwortete ich das sogenannte „House of Digital“, wo wir den Bereich Prozesse und IT für den gesamten Vertrieb und Kundendienst weltweit komplett umgestellt haben. In diesem Rahmen haben wir zum Beispiel eine neue CRM-Lösung eingeführt und viele unserer alten Anwendungen in die Cloud migriert.

Davor hatte ich bei einem anderen Unternehmen die Leitung des gesamten Logistikteams für ganz Mitteleuropa inne. Für alles, was außerhalb der Logistikzentren geschah, waren mein Team und ich zuständig. Davor war ich jahrelang im Consulting-Bereich tätig.

„Wichtig ist, Entscheidungen so zu treffen, als ginge es um mein eigenes Unternehmen. So haben wir es mit der HR-Lösung von Workday gemacht.“

Christoph Frank Head of Process and Technology Solutions and Strategy LGI

Meine Funktion bei LGI vereint all meine bisherigen Erfahrungen: von der Automobilindustrie über E-Commerce bis hin zu Logistik und Lieferkettenmanagement. Kurz gesagt: IT-Prozesse und Lieferkettenmanagement waren Schwerpunkte meiner bisherigen Karriere.

Können Sie denjenigen, denen LGI kein Begriff ist, erklären, was das Unternehmen tut?

LGI ist ein sogenanntes komplexes Kontraktlogistikunternehmen. Bei uns arbeiten rund 5.000 Menschen. Unsere Kunden kommen aus den unterschiedlichsten Branchen. Besonders wachstumsstark sind die Bereiche Life-Cycle-Management und End-to-End-Services. In diesem Rahmen erbringen wir nicht nur Logistikleistungen, sondern auch logistiknahe Dienstleistungen: Wir befördern Waren zum Kunden, kümmern uns um die Abholung und steuern die Lieferkette im Auftrag unserer Kunden. Auf diesen Bereich konzentriert sich unsere Wachstumsstrategie bis 2025.

Unsere Automobil- und Industrieabteilung managt zum Beispiel die Fertigung unserer Kunden aus logistischer Sicht. Wir unterstützen sie sogar bei der Vormontage, um ihnen einen Teil des Lieferkettenmanagements abzunehmen.

Die zweite Abteilung, Elektronik und Gesundheitswesen, betreut Großkunden, die den europäischen Markt mit Produkten wie Laptops und Drucker versorgen. In diesem Bereich umfassen die Mehrwertdienste, die wir anbieten, Firmware-Updates sowie den Austausch von Teilen und deren Weitergabe an Vertragshändler.

Unsere dritte Abteilung deckt die Bereiche Mode, Lifestyle und E-Commerce ab. Wir beliefern die Filialen unserer Kunden sowie die Endkunden des Online-Handels direkt. Darüber hinaus verfügen wir über eine Luft- und Seefrachtabteilung, die unsere Kunden in diesem Bereich betreut.

LGI verzeichnet kontinuierliches Wachstum und Sie beschäftigen 5.000 Personen an mehr als 45 Standorten weltweit. Welchen Einfluss haben diese Faktoren auf die IT-Infrastruktur und welchen Ansatz verfolgen Sie beim unternehmensweiten Einsatz von Technologie?

Als ich bei LGI anfing, befand sich die IT-Abteilung gewissermaßen im Winterschlaf. IT wurde ausschließlich aus Kostenperspektive betrachtet. Alles sollte möglichst kosteneffektiv sein. Mit unserem neuen CEO Bernd Schwenger hat sich das geändert, denn wir wissen, dass wir uns als echter Innovator und Impulsgeber für das Unternehmen positionieren müssen. LGI hat über 40 Standorte, einen großen Kundenstamm und wir sind gut darin, den Fokus auf unsere Kunden zu legen. Defizite gab es hingegen beim Thema Standardisierung und Digitalisierung. Ich habe damals einen Flickenteppich an Anwendungen und Prozessen geerbt.

Im Personalwesen gab es infolge mehrerer Fusionen und Übernahmen sowie des organischen Wachstums nicht einmal eine einheitliche HCM-Lösung, geschweige denn einen zentralen Prozess. Daher stellten wir gleich zu Anfang klar: „Automatisierung und Effizienz im IT-Bereich setzt eine zentrale HCM-Lösung voraus.“ Diese Einstellung haben wir beibehalten und die Erfahrung gemacht, dass schon viel erreicht ist, wenn man eine klare Vorstellung davon hat, wie die Bereitstellung von IT aussehen sollte.

Wann begann der Umstieg auf die Cloud? Und was waren die Hauptgründe aus betriebswirtschaftlicher Sicht?

Auf simpler Ebene leiteten meine Vorgänger ihn schon ein, indem sie auf Office 365 umgestiegen, als die lokal installierte Version abgelaufen war und der Wechsel zur Online-Version die effizienteste Lösung darstellte. Doch die Lagerverwaltungs- und Transportmanagementsysteme in der Logistikbranche sind nach wie vor sehr standortgebunden und damit eine Herausforderung für uns. Viele Software-Anbieter in diesem Bereich hinken ihrer Zeit etwa 10 bis 15 Jahre hinterher.

„Ich verwende lieber Zeit darauf, die Vorteile neuer Technologien zu nutzen, statt sie fünf Jahre lang zu erläutern, nur um dann festzustellen, dass der Trend längst vorbei ist.“

2019 standen wir vor dem Problem, dass unsere Rechenzentren veraltet waren. Die Hardware musste dringend aktualisiert werden. Allerdings fordern unsere Kunden eine Systemverfügbarkeit von 100 %. Ausfallzeiten werden in einigen Branchen als inakzeptabel betrachtet und bei ungeplanten Ausfällen fallen Gebühren an. An diesem Punkt sagte sich unser Team: „Seien wir ehrlich: Wir sind ein Logistikunternehmen, kein Hardware-Anbieter. Das gehört einfach nicht zu unseren Kernkompetenzen.“

So begann unsere Suche nach einem Anbieter, der uns mit der nötigen Infrastruktur ausstatten konnte. Zunächst suchten wir nach einer Software-as-a-Service-Lösung (SaaS) für unsere Kernanwendungen. Meine Erfahrungen mit Office 365 und dann später mit Workday haben mir die Vorteile des SaaS-Servicemodells vor Augen geführt, wie zum Beispiel Funktions-Updates. Ich muss mir keine Gedanken mehr darüber machen, welche Neuheiten die nächste Version enthalten wird und dass ich meine Software auf dem neuesten Stand halte. Das entlastet das Team und es kann sich so strategischen Aufgaben zuwenden.

Wie belegen Sie den wirtschaftlichen Nutzen von Cloud-Technologien und inwiefern unterscheidet sich diese Herangehensweise von früheren Business Cases für traditionelle, lokal installierte Software?

Einer der Gründe für meinen Wechsel zu LGI war die Tatsache, dass ich bei anderen Großunternehmen gearbeitet habe, bei denen Budgetprozesse dieser Art sehr viel Zeit in Anspruch nahmen. Für jede Entscheidung musste man einen Business Case vorlegen, der mitunter reine Spekulation war. Bei LGI sind wir glücklicherweise dynamischer. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir locker mit Geld umgehen oder kopflos investieren. Das Tolle ist, dass die Unternehmensführung offen ist und versteht, dass man Dinge ausprobieren kann, solange es einen Impulsgeber und einen Katalysator gibt. So müssen wir nicht jeden Euro, den wir für das Projekt brauchen, von Anfang an einplanen. Wichtig ist, Entscheidungen so zu treffen, als ginge es um mein eigenes Unternehmen. So haben wir es mit der HCM-Lösung von Workday gemacht.

Auf dieselbe Weise muss man jede IT-Entscheidung begründen und den Nutzen belegen. Welche Einsparungen, welcher Nutzen, welcher Mehrwert ergibt sich aus dem Wechsel zur Cloud? Welche Folgen hat das für das Geschäft? Das ist unsere Ansicht.

Letztendlich ist es dein Projekt: Du bist dafür verantwortlich, dass es die gewünschten Vorteile bringt, und das ist der schwierige Teil. Aber ich verwende lieber Zeit darauf, die Vorteile neuer Technologien zu nutzen als fünf Jahre lang die Vorteile zu erklären, nur um dann festzustellen, dass der Trend längst vorbei ist.

Welchen Mehrwert und welche Vorzüge bietet Cloud-Computing für das gesamte Unternehmen?

Genaue Daten sind das A und O. Das ist der erste Punkt. Mit einer zentralen Lösung und einem einheitlichen Prozess für das gesamte Unternehmen sorgen Sie dafür, dass alle dieselben Abläufe und Daten nutzen. Und auf diese Daten ist Verlass. Manche mögen behaupten, dass sich das auch mit lokal installierten Lösungen erreichen lässt, aber das ist auf jeden Fall schwieriger. Der zweite Punkt betrifft, wie eben schon erwähnt, Upgrades und Wartungsarbeiten. Ich habe in meiner Karriere in der Logistikbranche schon viel Zeit damit verbracht, mir über Upgrades, Bugs, Fehlerkorrekturen, Patches usw. Gedanken zu machen. Wie können wir sie zum Einsatz bringen? Wie lassen sie sich testen? Was wirken sie sich auf das Geschäft aus? Mit SaaS fallen diese Probleme weg. Das ist ungeheuer viel wert. Die Art, wie neue Versionen zum Einsatz gebracht werden, beflügelt den internen Innovationsgeist. Das ist neu. Wenn früher etwas erst einmal funktionierte, stießen neue Versionen auf Unmut, da sie mit viel Aufwand verbunden waren.

Kommen wir zum dritten Punkt. Bei Logistiksoftware ist es so: Wenn ich eine neue Funktion haben will, dann muss ich dafür zahlen. Ich bezahle den Software-Anbieter für die Implementierung der Funktion. Beim SaaS-Modell ist das anders: Mit meinem Abonnement zahle ich für Innovation, das verschafft mir eine Roadmap für die Zukunft. Selbst wenn ich nicht alle Funktionen nutze, profitiere ich davon, dass mir die Softwareentwicklung abgenommen wird; dass jemand neue Funktionen für mich testet und zum Einsatz bringt. Das ist sehr wertvoll. Ich hoffe, dass die Software-Anbieter in der Logistikbranche dieses Modell übernehmen und es sich durchsetzen wird, sodass es in Zukunft mehr Angebote dieser Art geben wird.

Was würden Sie Führungskräften von IT-Abteilungen für ihren Business Case raten, die zu Cloud-Computing wechseln möchten? Wie können sie ihr Unternehmen vom Nutzen der Cloud überzeugen?

Fragen Sie sich stets als Erstes: „Würde ich es riskieren, wenn ich mein eigenes Geld dafür einsetzen müsste?“ Ich denke, mit dieser Regel lassen sich viele Entscheidungsprozesse verkürzen. Die zweite Frage lautet: „Handelt es sich um eine Einbahnstraße oder nicht?“ In anderen Worten: Investiere ich so viel Geld, dass ich die Sache durchziehen muss, selbst wenn sich meine Entscheidung als falsch erweisen sollte? Wenn die Antwort „Nein“ lautet, ist es in der Regel kein Problem, nach einem Jahr die Richtung zu wechseln. Falls die Antwort „Ja“ lautet, sollten Sie eine umfassende Analyse durchführen, um die Folgen abschätzen zu können.

Ich denke, dass es auch darum geht, die Argumente für die Cloud darzulegen und der Unternehmensführung vor Augen zu führen, wie das Unternehmen von der Entscheidung profitieren kann: wo kann ein Mehrwert geschaffen werden und wie können sie in ihren eigenen Teams daran arbeiten, die Lösung zu konfigurieren und ihren Nutzen zu maximieren. So sollten Unternehmen die Cloud und die Vorteile, die sie für das Unternehmen bringt, betrachten.

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