„Klack.“ – „Ratsch.“ – „Ding“. Verwischte Tinte, Eselsohren an den Kanten von abgegriffenen Stempelkarten. Vermutlich sind es Assoziationen wie diese, die vielen Menschen in den Sinn kommen, wenn sie an Zeiterfassung denken. Das Bild einer Stechuhr wurde aus diesem Grund auch mehrfach in den zahlreichen Artikeln zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. September 2022 heraufbeschworen. Kommt sie also zurück, die Stechuhr? Und mit ihr starre Arbeitsmodelle, das Ende der Vertrauensarbeitszeit und bereits ad acta gelegte Flex-Work-Programme? Die kurze Antwort ist: Nein. Doch was bedeutet die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung nun für alle Beteiligten? Wir räumen mit den gängigsten Vorurteilen auf. Zuerst aber schauen wir uns die Entscheidung an.
Was Sie in diesem Artikel erwartet:
Das „Stechuhr-Urteil“ in Kürze
Nach der Veröffentlichung der Pressemitteilung zur Entscheidung gab es viel Unsicherheit darüber, was nun auf Unternehmen und Mitarbeitende zukommt. Der nun vorliegende Wortlaut der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), die am 3. Dezember 2022 veröffentlicht wurde, lässt viel Auslegungsspielraum, und bringt damit weiterhin einiges an Unsicherheiten mit sich:
Das BAG hat entschieden, dass der Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet ist, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann, und der Arbeitgeber verpflichtet ist, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit (einschließlich Überstunden) zu erfassen.
Die Entscheidung des BAG bezieht sich zwar auf die „elektronische“ Zeiterfassung, schreibt aber ausdrücklich keine besondere Form der Arbeitszeiterfassung vor. Der EuGH urteilte in der Rechtssache C-55/18 bereits im Jahr 2019, dass die Mitgliedstaaten die „konkreten Modalitäten zur Umsetzung eines solchen Systems, insbesondere dessen Form, festzulegen [haben], und zwar gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Wirtschaftszweigs, sogar der Eigenheiten bestimmter Unternehmen, namentlich ihrer Größe“. Der Gesetzgeber hat jedoch bisher kein Gesetz zur Aufzeichnung der Arbeitszeit erlassen. Nach der Veröffentlichung der Urteilsbegründung des BAG passt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) seine Vorschläge zur Arbeitszeiterfassung aktuell an. Seine Empfehlungen zur Anpassung des Arbeitszeitgesetzes will das BMAS im ersten Quartal 2023 vorlegen. In der Zwischenzeit bleibt allerdings vieles unklar. Wo immer es eine Unschärfe gibt, entsteht Raum für Spekulationen. So ist unklar, ob Kleinunternehmen ebenfalls von der Zeiterfassungspflicht betroffen sind. Des Weiteren ist fraglich, ob es Ausnahmen gibt, z. B. für bestimmte Führungskräfte oder die Betriebsleitung. Auch zu Fragen über den Aspekt des Anwendungskreises hinaus brodelt die Gerüchteküche und kocht ein schwer verdauliches Gericht. Gerade jetzt, da sich die Arbeitswelt kulturell massiv zu wandeln scheint und der Fokus immer mehr auf den Menschen hinter den Arbeitnehmern liegt, bereitet eine Entscheidung, die so stark an Überwachung und fehlende Flexibilität erinnert, vielen Bauchschmerzen.
Ist das „Stechuhr-Urteil“ nun ein Schritt zurück? Hemmt uns diese Entscheidung in der Weiterentwicklung von New-Work-Prinzipien? Oder ist es genau andersherum? Pointiert die Arbeitszeiterfassungspflicht stattdessen einen der wichtigsten Faktoren innerhalb des Wandels in der Arbeitswelt und unserer Kultur, nämlich den Schutz der Arbeitnehmer? Und was bedeutet das für Unternehmen und deren Perspektive auf die Unternehmenskultur?
3 Mythen rund um die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung
Mythos #1 – Der Beschluss ist mit New-Work-Prinzipien und modernen Arbeitsformen wie dem Homeoffice oder Remote Work unvereinbar
„Die Zeit“ schrieb kürzlich, dass Fachleute damit rechnen, „dass das BAG-Grundsatzurteil weitreichende Auswirkungen auf das Arbeitsleben in Wirtschaft und Verwaltung bis hin zu mobiler Arbeit und Homeoffice haben kann.“ Und auch auf den Sozialen Medien wie LinkedIn sieht man diese Sorge in vielen Posts reflektiert. Geschürt werden die Bedenken wahrscheinlich durch veraltete Konzepte davon, wie die Arbeitszeiterfassung abläuft. Erinnerungen an das bereits eingangs beschworene Bild kommen da hoch: das Ein- und Ausstempeln an der Stechuhr, welches den Arbeitstag rahmt, die kontrollierenden Blicke der Vorgesetzten, die errechnen, ob man auch wirklich jede vertraglich vereinbarte Minute der Arbeitszeit geleistet hat.
Tatsächlich aber soll die Pflicht zur Zeiterfassung Arbeitnehmende schützen und nicht der Überwachung und Kontrolle dienen. Somit agiert das „Stechuhr-Urteil“ ganz im Sinne von New-Work-Prinzipien, die den Menschen und seine Gesundheit in den Vordergrund stellen. Das Arbeitszeit erfasst werden muss, bedeutet nicht automatisch, dass die Arbeitszeit dadurch örtlich oder sogar zeitlich fixiert sei. Mit digitalen Tools und flexiblen Zeitansammlungskonten gehen die Pflicht zur Zeiterfassung und New-Work-Prinzipien Hand in Hand. Homeoffice, flexible Arbeitsmodelle und Remote Work sind also weiterhin möglich.
Mythos #2 – Zeiterfassung bedeutet: Vertrauensarbeitszeit ade
Die meisten Menschen verstehen unter Vertrauensarbeitszeit, dass sie die ihnen zugeteilten Aufgaben autonom und zeitlich flexibel erbringen können. Dabei schenkt das Unternehmen seinen Mitarbeitenden also das Vertrauen, dass diese ihre Arbeit erledigen, ohne dass die Zeit als Maßstab für Produktivität und Leistung angesetzt wird. Vor diesem Hintergrund ist die Angst vor Überwachung und unflexibler, starrer Arbeitsmodelle absolut verständlich, die viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jetzt plagt. Allerdings ist auch hier ein kleiner Perspektivwechsel hilfreich. Vertrauensarbeitszeit, in der Arbeitsstunden nicht dokumentiert werden, haben häufiger zur Folge, dass Mitarbeitende ungesehene und am Ende auch unbezahlte Überstunden leisten. Unbemerkt können sich Menschen so verausgaben, dass sie am Ende ganz ausfallen, was Konsequenzen für die Mitarbeitenden hat und zusätzlich hohe Kosten auf Unternehmensseite verursacht. Die Nachverfolgung der Arbeitszeit hilft dabei, die Arbeitsbelastung unter den Teammitgliedern auszugleichen und Burnout zu verhindern.
Das BAG hat festgestellt: „Zudem ist es, auch wenn die Einrichtung und das Vorhalten eines solchen Systems dem Arbeitgeber obliegt, nach den unionsrechtlichen Maßgaben nicht ausgeschlossen, die Aufzeichnung der betreffenden Zeiten als solche an die Arbeitnehmer zu delegieren“. Kurz gesagt: Man kann auch nach dem „Stechuhr-Urteil“ die Arbeit dann erbringen, wann man möchte, sofern man das festgelegte Volumen an wöchentlicher oder monatlicher Arbeitszeit leistet, und das auch weiterhin örtlich unabhängig. Die Zeit muss dabei schlicht erfasst werden. Und das ist auch in der Praxis einfach möglich.
Mythos #3 – Das „Stechuhr-Urteil“ ist ein Einschnitt in die Privatsphäre der Mitarbeiter
Gerade in Deutschland ist Privatsphäre ein großes Thema. Gerade wenn es um die Dokumentation von Informationen geht, empfinden viele Menschen Sorge darüber, inwiefern ihre Daten im Zweifelsfalle gegen sie verwendet werden könnten, was bei einem unbefugten Zugriff auf diese Daten passieren kann oder ob diese Informationen zur Überwachung genutzt werden könnten. Mit Einführung der Pflicht zur Zeiterfassung befürchten viele, dass ihre Daten nicht mehr sicher sind. Gerade mit der elektronischen Zeiterfassung werden neben den Stunden häufig auch personenbezogene Daten gespeichert. In der Entscheidung macht das BAG keine genauen Angaben zum Thema Datenschutz. In jedem Falle müssen aber alle Unternehmen nach wie vor konform zur Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) handeln. Am einfachsten ist das, wenn das System zur Zeiterfassung diese Richtlinien bereits technisch mitbeachtet.
Nachdem wir uns der Entmystifizierung des BAG-Urteils zur Arbeitszeiterfassungspflicht gewidmet haben, bleibt noch die Frage, wie Ihr Unternehmen nun die vom BAG festgestellten Verpflichtungen berücksichtigen und dabei gleichzeitig die New-Work-Kultur leben kann.
Das Workday-Feature „Time Accumulator“ vereint New Work und die Pflicht zur Zeiterfassung
New Work ist ein Begriff, der wie kaum ein anderer die Marschrichtung in der globalen Arbeitswelt angibt. Allgemein wird er als die „Gesamtheit der modernen und flexiblen Formen der [Büro]arbeit bzw. der Arbeitsorganisation“ (z. B. Telearbeit) definiert. Auf den ersten Blick kontrasiert damit das sogenannte „Stechuhr“-Urteil diese progressive Bewegung. Schließlich scheint die Entscheidung nur starre, ortsabhängige Nine-to-five-Modelle zu unterstützen. Viele verurteilen deswegen die Entscheidung als rückschrittig, als Blocker für moderne Formen des Arbeitens. Die Funktion in der Zeiterfassung von Workday, das Time Accumulator Framework, zeigt allerdings, dass sich New Work und Arbeitszeiterfassung nicht ausschließen müssen. Der Entscheidung ist klar zu entnehmen, dass Unternehmen bereits jetzt ein System einführen müssen, mit dem die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden dokumentiert werden kann. Das System sollte die Arbeitszeit möglichst anhand definierter Schwellenwerte über längere Bezugszeiträume erfassen. Um dabei die Flexibilität der modernen Arbeitswelt abbilden zu können, braucht es mobile App-Anwendungen und die Möglichkeit, flexible Regeln für die Zeiterfassung zu erstellen, die, egal wann und wo Mitarbeitende arbeiten, automatisch auf eventuelle Verstöße des Arbeitsschutzgesetzes hinweisen.
Das bedeutet konkret: Unternehmen können mit dem Tool „Time Accumulator“ Arbeitszeiten erfassen, ohne ihre flexible New-Work-Kultur zu korrumpieren. Denn Mitarbeitende können stationär oder per App auf das Tool zugreifen und ihre Stunden eingeben.
Die Nachverfolgung der Arbeitszeit und die Anwendung der entsprechenden Berechnungen ist ein manueller Prozess, der Unternehmen für Fehler und veraltete Daten anfällig macht. Arbeitszeiten sollten aber nicht nur aus Gründen der Einhaltung von Vorschriften dokumentiert werden, sondern auch, um die Arbeitsbelastung der Teammitglieder auszugleichen und Burnout zu verhindern.
Die weltweiten Arbeitszeitregelungen ändern sich ständig, und Unternehmen haben nur wenig Zeit, ihre Systeme an die neuen Anforderungen anzupassen. Das neue Feature von Workday für die Zeiterfassung unterstützt Unternehmen dank des adaptiven Frameworks, schnell auf die neuen Anforderungen zu reagieren. Dabei ermöglicht das Tool, die Daten im Einklang mit der DSGVO zu erfassen.
Das Feature auf einen Blick
Bisher mussten Unternehmen komplexe Berechnungen und manuelle Berichte erstellen, um mögliche Probleme bei der Einhaltung von Regelungen zur Arbeitszeit abzubilden, damit sie rechtzeitig darauf reagieren konnten. Das erfordert manuelle Arbeit, die viel Zeit in Anspruch nimmt, ineffizient ist und zu Fehlern führen kann. Im schlimmsten Fall heißt das, dass Unternehmen die Vorschriften nicht einhalten. Der „Time Accumulator“ von Workday bietet eine Möglichkeit, die Arbeitszeit über lange Referenzzeiträume zu erfassen, was in einem immer komplexer werdenden rechtlichen Umfeld ein echter Vorteil ist (wie die jüngste Entscheidung des BAG gezeigt hat). Flexible Time-Accumulator-Regeln ermöglichen es, eigene Regeln für verschiedene Mitarbeitergruppen zu erstellen. Basierend auf den Schwellenwerten können Mitarbeitende Warnungen konfigurieren, um Manager und/oder Mitarbeitende zu benachrichtigen, wenn sie Gefahr laufen, ihre Schwellenwerte zu überschreiten. Die Verfolgung der Arbeitszeit mit dem „Time Accumulator“ ermöglicht es Managern, Maßnahmen zu ergreifen, bevor die Arbeitszeit überschritten wird, z. B. die Anpassung von Zeitplänen. Die Berichterstattung über „Time Accumulator“ bietet Aufzeichnungen für mögliche Audits und Einblicke in die Arbeits- und Überstunden des Teams.
Die Vorteile des „Time Accumulator“ von Workday in der Übersicht
● Flexible Schwellenwert-Regeln, die bei der Einhaltung der Vorschriften unterstützen
● Erweiterte Zeiträume: Kumuliert Zeit über einen Referenzzeitraum gegen definierte Schwellenwerte
● Flexible Regeln: Erstellen Sie eindeutige Schwellenwertregeln für verschiedene Arbeitnehmergruppen
● Einhaltung der Vorschriften: Stellen Sie sicher, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitszeitgrenzen nicht überschreiten
● Bietet Einblick in die geleisteten Arbeitsstunden und Überstunden des Teams
● Ermöglicht Maßnahmen, bevor die Arbeitszeitgrenzen überschritten werden
Die Pflicht der Arbeitszeiterfassung besteht nach der Entscheidung des BAG bereits jetzt, auch wenn gesetzlich noch keine weiteren Einzelheiten festgelegt sind. Sie erlaubt Mitarbeitende zu schützen und eine ausgewogene Work-Life-Balance zu fördern. So sehr das BAG-Urteil auch kritisiert wird, so kann es durchaus als ein Signal für die Etablierung von New-Work-Prinzipien gesehen werden, wenn man New Work im Kern als eine stärkere Fokussierung auf das Allgemeinwohl der Mitarbeitenden versteht.
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