Inklusive Strategien für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz

Erfahren Sie, wie inklusive Strategien und psychologische Sicherheit im Team die psychische Gesundheitsversorgung und das Employee Engagement am Arbeitsplatz verbessern.

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Zugang zu psychischer Gesundheitsversorgung für alle verbessern

Psychische Erkrankungen galten bis vor Kurzem nicht als „echte“ Gesundheitsprobleme und sollten Privatsache sein. Dieses tief eingeschliffene gesellschaftliche Denkmuster bewirkte, dass psychische Gesundheit am Arbeitsplatz lange ausgeblendet wurde. Mit der Pandemie brach das Tabu auf: Das allgemeine Bewusstsein für mentales Wohlbefinden stieg, nachdem viele Menschen unter den psychischen Folgen der Krise litten.

Unternehmen haben erkannt, dass die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter ein entscheidender Faktor für Produktivität und Mitarbeiter-Engagement ist. Dabei ist entscheidend, dass alle, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder anderen Merkmalen, die Ressourcen der psychischen Gesundheitsversorgung sicher und barrierefrei nutzen können. Dann entsteht ein inklusives Arbeitsumfeld, das Produktivität und Mitarbeiter-Engagement fördert.

Der Handlungsbedarf ist groß: Studien wie die #whatsnext2022 der Techniker Krankenkasse belegen, wie stark arbeitende Menschen mittlerweile von psychischen Belastungen betroffen sind. In der TK-Umfrage gaben 38,5 Prozent der befragten Unternehmen an, dass Probleme wie Burnout, Überforderung oder Depression bei ihren Beschäftigten eine Relevanz haben. 70 Prozent erwarteten einen Anstieg dieser Zahlen.

 

Inklusive Strategien für psychische Gesundheit: Ein personalisierter Ansatz

Standardlösungen in der psychischen Gesundheitsversorgung greifen oft zu kurz, da sie individuelle Hintergründe, Erfahrungen und Herausforderungen nicht berücksichtigen. Genau hier setzt die personalisierte psychische Gesundheitsversorgung mit ihrem kultursensiblen Ansatz an.

Mitarbeiter in Unternehmen haben unterschiedliche Lebensrealitäten – sei es durch kulturelle Prägungen, familiäre Verpflichtungen oder persönliche Erfahrungen. Unterschiedliche Kulturen können beispielswese verschiedene Auffassungen über psychische Gesundheit, Krankheit und Heilung haben. Menschen mit einer längeren Patientengeschichte oder einer chronischen Erkrankung blicken möglicherweise anders auf die Gesundheitsversorgung als solche, die am Arbeitsplatz vielleicht zum ersten Mal psychischen Problemen begegnen.

Ein kultursensibler Ansatz berücksichtigt diese Unterschiede, um Missverständnisse zu vermeiden und Vertrauen aufzubauen. Denn die genannten Wahrnehmungen und persönlichen Erfahrungsgeschichten beeinflussen, wie die jeweilige Person Stress, Belastungen und emotionale Herausforderungen bewältigt. Mit personalisierten Herangehensweisen stellen Unternehmen sicher, dass ihre Mitarbeitenden eine gezielte und relevante psychische Gesundheitsversorgung erhalten.

Integrative Strategien fördern eine Arbeitskultur, in der sich alle Mitarbeiter wertgeschätzt und respektiert fühlen. Wenn diese das Gefühl haben, dass ihre individuellen Bedürfnisse und Hintergründe berücksichtigt werden, steigt das Employee Engagement. Studien beispielsweise der Boston Consulting Group von 2017 zeigen, dass Diversität und Inklusion in der Unternehmensstrategie zu höherer Motivation und Kreativität führen, da sie vielfältige Perspektiven und Ideen fördern.

 

Psychologische Sicherheit im Team: Ein Schlüsselfaktor für Zusammenarbeit

Eine unterstützende Arbeitsumgebung zu gestalten, bedeutet mehr, als Ressourcen für die Gesundheitsversorgung bereitzustellen. Eine wichtige Aufgabe für Unternehmen ist es, von Grund auf für eine inklusive Kultur der Zusammenarbeit und der Kommunikation zu sorgen. Der Ansatz der Psychologischen Sicherheit im Team ist dafür ein erprobtes Werkzeug.

Psychologische Sicherheit beschreibt einen Zustand, in dem Mitarbeiter das Vertrauen und die Freiheit haben, ihre Meinungen, Ideen und Bedenken offen zu äußern, ohne dass sie Angst vor negativen Konsequenzen wie Zurückweisung, Bestrafung oder Bloßstellung haben müssen.

Die Harvard-Professorin Amy Edmondson ist eine Pionierin der Forschung auf diesem Gebiet. Sie definierte Psychologische Sicherheit als die gemeinsame Überzeugung aller Mitglieder eines Teams, sich in einer Umgebung zu befinden, die geeignet dafür ist, zwischenmenschliche Risiken einzugehen.

Hier kommen drei Strategien, um mit dem Konzept der Psychologischen Sicherheit auf kultursensible Weise Kommunikation und Zusammenarbeit in Teams und damit das Employee Engagement zu fördern:

1. Schulungen und Weiterbildung. Wir alle haben unbewusste Vorurteile. Eine gezielte Schulung kann das Bewusstsein dafür schärfen und helfen, Barrieren abzubauen. Wenn Führungskräfte und Mitarbeiter ihre eigenen Vorurteile erkennen und reflektieren, entsteht eine offenere, respektvollere und inklusivere Arbeitsumgebung, in der Psychologische Sicherheit wachsen kann.

2. Teilnahme aller an Entscheidungsprozessen. Alle Mitarbeiter müssen die Möglichkeit haben, an Entscheidungsprozessen teilzunehmen. In einer Umgebung, in der psychologische Sicherheit herrscht, kann jede Person im Team Meinungen und Bedenken äußern, ohne Angst vor negativen Reaktionen haben zu müssen.

3. Sichere Feedback-Kanäle. Mitarbeiter sollten jederzeit die Möglichkeit haben, anonym Feedback zu geben oder Bedenken zu äußern, ohne Repressalien befürchten zu müssen. Solche anonymen Feedback-Kanäle helfen besonders in Umgebungen, in denen Machtverhältnisse oder kulturelle Unterschiede das offene Gespräch erschweren könnten.

 

Psychosoziale Gefährdungsbeurteilungen in Deutschland: Was Unternehmen beachten müssen

Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu unterstützen, ist mittlerweile mehr als eine moralische Aufgabe für Unternehmen. In Deutschland sind diese gesetzlich dazu verpflichtet, im Rahmen des Arbeitsschutzes auch psychosoziale Risiken zu beurteilen.

Diese Verpflichtung basiert auf dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), genauer gesagt auf § 5, der die Gefährdungsbeurteilung vorschreibt. Diese umfasst nicht nur physische, sondern auch psychische Belastungen am Arbeitsplatz, die zu gesundheitlichen Problemen führen können. Dazu gehören Faktoren wie hoher Arbeitsdruck, mangelnde Unterstützung durch Vorgesetzte oder Kollegen, Überstunden, unklare Aufgabenverteilung und ständige Erreichbarkeit.

Unternehmen in Deutschland kommen ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus verschiedenen Gründen noch nicht ausreichend nach.

  1. Unklare Umsetzung und mangelnde Ressourcen: Es fehlen klare Vorgaben, wie die psychosoziale Gefährdungsbeurteilung praktisch ablaufen soll und welche Kriterien dabei gelten. Zudem erfordert diese Erhebung Ausgaben für Expertise, vor denen vor allem KMU zurückscheuen.
  2. Mangelndes Bewusstsein und Priorisierung: Einige Unternehmen behandeln das Thema psychische Gesundheitsversorgung noch nicht als vorrangig. Es kommt weiter vor, dass psychische Erkrankungen stigmatisiert werden, sodass Mitarbeiter ungern über ihre psychischen Belastungen sprechen.
  3. Angst vor negativen Folgen: Viele Unternehmen haben Angst, Mängel aufzudecken und arbeitsrechtliche Konsequenzen oder zusätzliche Kosten tragen zu müssen.

Die psychosoziale Gefährdungsbeurteilung kann die psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz deutlich fördern. Hier sind einige der wichtigsten Vorteile:

 

  1. Früherkennung und Prävention. Indem Arbeitgeber psychosoziale Belastungsfaktoren gezielt identifizieren, können sie präventive Maßnahmen ergreifen, um Burnout, Depressionen und Angststörungen zu vermeiden. Damit reduzieren sie langfristig Krankheitsausfälle und Fehlzeiten, was nicht nur die Gesundheit der Mitarbeiter schützt, sondern auch die Produktivität des Unternehmens steigert.
  2. Schaffung eines gesunden Arbeitsumfelds. Eine umfassende Gefährdungsbeurteilung ermöglicht es Unternehmen, eine Umgebung zu schaffen, in der Mitarbeiter sich sicher und unterstützt fühlen. Dies trägt dazu bei, ein Arbeitsklima zu fördern, das den individuellen Bedürfnissen gerecht wird und den Stress am Arbeitsplatz verringert.
  3. Förderung psychologischer Sicherheit. Die Gefährdungsbeurteilung schafft die Grundlage für psychologische Sicherheit, indem sie Risiken im Arbeitsumfeld offenlegt, die offene Kommunikation erschweren. Werden diese Barrieren abgebaut, fühlen sich Mitarbeitende sicherer, ihre Meinungen und Bedenken zu äußern.
  4. Langfristige Mitarbeiterbindung und Wohlbefinden. Wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, dass ihr Arbeitgeber sich aktiv um ihr Wohlbefinden kümmert, steigt ihre Loyalität. Dies fördert nicht nur die Mitarbeiterbindung, sondern auch die langfristige Zufriedenheit und das Wohlbefinden der Belegschaft.
  5. Reduzierung von Kosten durch Abwesenheiten und Fluktuation. Prävention und ein psychisch sicheres Arbeitsumfeld führen zu geringeren krankheitsbedingten Fehlzeiten. Mitarbeiter, die sich wohlfühlen und sicher sind, sind zudem weniger geneigt, das Unternehmen zu verlassen.

 

Vielfalt und Kommunikation: Der Schlüssel zu einer integrativen Arbeitskultur

Psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz zu schaffen, stellt für Unternehmen eine oft schwer zu greifende Herausforderung dar. Denn die Basis dafür, eine gute und offene Kommunikation, ist alles andere als selbstverständlich und muss immer wieder neu reflektiert und erarbeitet werden.

Jeder Mitarbeiter bringt einen eigenen Kommunikationsstil mit – sei es aufgrund seines Hintergrunds, seiner Erfahrungen und teilweise auch seiner persönlichen Vorlieben. Dies beeinflusst, wie diese Person ihre Bedürfnisse ausdrückt, wie sie Unterstützung sucht und wie sie auf Hilfsangebote reagiert. Für alle diese Herausforderungen stellen wir auch Lösungsangebote vor, um das Employee Engagement zu fördern.

  1. Indirekte Kommunikation und Stigma: In einigen Umgebungen ist es üblich, Probleme direkt anzusprechen und offen über persönliche Themen wie psychische Gesundheit zu sprechen – zumindest wächst die Akzeptanz, dies zu tun. In anderen hingegen neigen Menschen dazu, eher indirekt zu kommunizieren, um Konflikte zu vermeiden. Sie benutzen eine rationale Sprache, weil es nicht den ihnen bekannten gesellschaftlichen Konventionen entspricht, Emotionen verbal auszudrücken. Vielerorts ist das Thema psychische Gesundheit auch weiter stigmatisiert oder wird nur im privaten Kreis besprochen. Dies kann psychische Unterstützung erschweren. Durch gezielte Aufklärungskampagnen können Unternehmen helfen, die Stigmatisierung von psychischen Erkrankungen zu reduzieren. Sie sollten zudem vielfältige Unterstützungsangebote schaffen, die den verschiedenen kulturellen und sprachlichen Bedürfnissen ihrer Mitarbeitenden gerecht werden. Dies kann beispielsweise durch das Angebot von mehrsprachigen Beratungsdiensten oder kultursensiblen Psychologie geschehen.
  2. Wahrnehmung von Arbeit und Stress: Kulturelle Hintergründe können sich auch darauf auswirken, wie Menschen Stress und psychische Belastungen wahrnehmen und bewältigen. Ob ein Mitarbeiter seine Arbeit als zentralen Teil seiner persönlichen Identität ansieht oder mehr Wert auf Work-Life-Balance legt, hat Auswirkungen darauf, wie Arbeitsbelastungen wahrgenommen werden und über sie gesprochen wird. Unternehmen sollten Führungskräfte und Personalverantwortliche darin schulen, kulturelle Unterschiede in der Kommunikation und der Wahrnehmung von psychischer Gesundheit zu erkennen und zu verstehen.
  3. Sprachbarrieren: Mitarbeiter, deren Erstsprache nicht die Arbeitssprache ist, können Schwierigkeiten haben, ihre Gesundheitsbedürfnisse klar auszudrücken. Kultursensible Gesundheitsversorgung bietet mehrsprachige Informationen und Betreuung an, damit alle Zugang zu wichtigen Gesundheitsressourcen verstehen und nutzen können.

 

Mitarbeiterumfragen: Ein effektives Instrument für psychische Gesundheitsförderung

Unternehmen, die das Thema psychische Gesundheit in ihre integrative Arbeitsplatzkultur aufnehmen und das Employee Engagement steigern wollen, stehen vor einer Herausforderung: Um passgenaue Initiativen entwickeln zu können, müssen sie in Erfahrung bringen, welche psychosozialen Risiken relevant sind. Da sich das auch verändern kann, sind regelmäßige Erhebungen unter den Mitarbeitern wichtig.

Um psychosoziale Risiken am Arbeitsplatz zu erfassen, bieten sich mittlerweile eine ganze Reihe wissenschaftlich fundierter und in der Praxis erprobter Instrumente an, wie beispielsweise der international weit verbreitete Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ). Er untersucht verschiedene Dimensionen, darunter Arbeitsanforderungen, soziale Beziehungen, Einflussmöglichkeiten und die Balance zwischen Arbeit und Privatleben.

Daneben gibt es den Munich Employee Health Questionnaire (MEHQ). Er wurde entwickelt, um psychische Belastungen und arbeitsbedingte Stressoren systematisch zu identifizieren und zu messen. Das Tool dient dazu, Einblicke in das psychische Wohlbefinden der Belegschaft zu gewinnen und gezielte Verbesserungsmaßnahmen für die Arbeitsplatzkultur und die Mitarbeiterbindung zu entwickeln. Mit dem MEHQ ist es möglich, Risiken frühzeitig zu erkennen, das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu steigern und die Kommunikation zu verbessern.

Der Einsatz von Fragebögen erlaubt es, zielgenau auf psychosoziale Belastungsfaktoren zu reagieren und das Workforce Engagement zu steigern.

 

Fazit: Eine zukunftsorientierte psychische Gesundheitsversorgung

Inklusive und personalisierte Strategien für psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz kann die Arbeitskultur im Unternehmen fundamental verändern. Es geht darum, auf die einzigartigen Hintergründe und Bedürfnisse der Mitarbeiter einzugehen und so eine Umgebung zu schaffen, in der sich jeder wohlfühlt und sein Bestes geben kann.

Mitarbeiter, die sich in einem unterstützenden Umfeld befinden, sind engagierter und produktiver. Sie gehen motivierter an ihre Aufgaben heran und bringen neue Ideen ein. Das bedeutet weniger Stress, mehr Kreativität und insgesamt eine höhere Zufriedenheit im Job. Und dieses Workforce Engagement wirkt sich auf den Unternehmenserfolg aus.

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